Flüchtlingshilfe warnt vor Vorurteilen gegen Eritreer
Nach den Krawallen in Stuttgart (D) befürchten Experten eine Verschärfung der Vorurteile gegenüber Eritreern. Aufklärung sei wichtig, um dies zu verhindern.
Das Wichtigste in Kürze
- Am Samstag gipfelte eine Veranstaltung von Eritreern in Stuttgart in heftigen Krawallen.
- Unter den Verhafteten waren 63 Menschen mit Niederlassungsbewilligungen in der Schweiz.
- Jetzt befürchten Interessensverbände eine Verschärfung der Vorurteile gegenüber Eritreern.
Bei Ausschreitungen am Rande einer Veranstaltung von regimefreundlichen Eritreern ist es in Stuttgart (D) am Samstag zu Krawallen gekommen. Mehr als 200 Personen hatten Diktaturbefürworter und Polizeikräfte attackiert.
Kaum hatte das Polizeipräsidium die Personalien der Tatverdächtigen publiziert, entbrannte eine hitzige Diskussion um mögliche Reaktionen vonseiten der Politik.
Während einige von «verwirktem Gastrecht» sprechen, betonen andere, man könne Menschen unter keinen Umständen in einen «Terrorstaat» zurückschicken. Die Fronten sind verhärtet.
Experten warnen vor Verallgemeinerungen
Nun befürchten Interessensverbände eine Verschärfung von Vorurteilen gegenüber Menschen aus Eritrea – auch hierzulande: Immerhin waren 63 der Verhafteten aus der Schweiz angereist, überdies hatten vergleichbare Veranstaltungen in der Eidgenossenschaft ähnliche Ausschreitungen zur Folge.
Für Eliane Engeler von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe steht fest: «Es besteht das Risiko, dass im Zuge des Wahlkampfes eine bestimmte Flüchtlingsgruppe zu politischen Zwecken instrumentalisiert wird. Fakt ist aber, dass sich die meisten Eritreer in der Schweiz korrekt und friedlich verhalten.»
Auch Kriminologe Dirk Baier glaubt, dass die Konflikte grosses Potenzial haben, Vorurteile zu verstärken: «Das macht mir Sorgen. Weder Durchschnittsdeutsche noch Durchschnittsschweizer verstehen die Hintergründe dieser Auseinandersetzungen.»
Wahrgenommen würde ausschliesslich die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und die Gewalt gegen die Sicherheitskräfte: «Dies sollte auf keinen Fall auf die gesamte Bevölkerungsgruppe verallgemeinert werden.»
Eritreer-Feste «Propaganda»
Ähnliches befürchtet Samson Yemane, der Sprecher des eritreischen Medienbundes: «Jede Form von Gewalt vermittelt ein schlechtes Bild.» Auch er betont, dass man die Gründe hinter der Gewalt verstehen müsse.
Die regimekritische eritreische Diaspora prangere solche regimefreundlichen Veranstaltungen seit Jahren an – auf friedliche und demokratische Weise.
Leider blieben die Schweizer Behörden passiv, was Ohnmachtsgefühle auslöse und eine gewalttätige Minderheit innerhalb der Diaspora beflügle.
Eigentlich sei bekannt, dass das Regime solche Eritrea-Feste unterstütze, um Propaganda zu betreiben, erklärt Yemane.
Der marxistische Machtapparat versuche, damit möglichst viel Geld einzunehmen: Die Wirtschaft in Eritrea wird laut Yemane massgeblich durch Geldspenden von Eritreern aus Europa getragen. «Wir lehnen diesen menschenverachtenden Propaganda- und Spendenmechanismus ab!»
Künftige Anlässe verbieten?
Die Lösung liege auf der Hand, so Yemane: «Die Behörden müssen ihre Verantwortung wahrnehmen und alle Veranstaltungen verbieten, die vom Regime oder seinen Anhängern organisiert werden.»
Auch Baier rät, vergleichbare Anlässe bald zu verbieten. Wenigstens so lange, bis ein Konzept erarbeitet wurde, das einen friedlichen Ablauf gewährleisten könne.