Fluorid-Skepsis: Immer mehr Eltern kämpfen gegen Kinder-Zahnpasta

Nicola Aerschmann
Nicola Aerschmann

Bern,

Die Skepsis gegenüber fluoridhaltiger Zahnpasta steigt. Das ist problematisch, sagt die Schweizer Zahnärzte-Gesellschaft – und erklärt, was Fluoride bringen.

Zähneputzen Kinder
Viele Eltern sind skeptisch, was Fluorid-haltige Zahnpasta angeht – zu Unrecht. (Archivbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Immer mehr Menschen hinterfragen die Wirkung von Fluoriden in der Zahnpasta.
  • Sie werden Opfer von Fake News, sagt die Zahnärzte-Gesellschaft.
  • Denn: Die Fluoride sind wichtig für die Zähne – gefährlich oder gar giftig sind sie kaum.

Das Thema Fluorid in Zahnpasten sorgt immer wieder für Diskussionen. Es kursieren zahlreiche Theorien, wonach der Stoff vor allem für Kinder gefährlich sei.

Wie Nau.ch weiss, müssen sich auch Schulen immer mehr mit Fluorid-kritischen Eltern auseinandersetzen. Teilweise muss der Schulzahnarzt die Eltern der Schulkinder gar um Erlaubnis bitten.

Die Schweizerische Zahnärzte-Gesellschaft SSO bestätigt die zunehmend kritische Haltung zu Fluorid auf Anfrage. Markus Gubler von Kommunikation SSO sagt: «Wir beobachten eine zunehmende Skepsis gegenüber der Verwendung von Fluoriden.»

Das sei problematisch, so Gubler: «Denn der verbreitete und systematische Einsatz von Fluoriden in der Zahnpflege ist der Hauptgrund für den Kariesrückgang in der Schweiz über die letzten Jahrzehnte. Die Wirksamkeit von Fluoriden ist auch wissenschaftlich belegt.»

Vor allem in den sozialen Medien würden «unzählige Falschinformationen» kursieren. Gubler führt aus: «Fluorid-Kritiker stellen die positive Wirkung der Fluoride infrage und warnen vor negativen Langzeitfolgen.» Es gebe gewisse Parallelen zur Impfskepsis.

Fluorid ist nicht gleich Fluor

Es gibt eine problematische Verwechslung, die laut Gubler besonders oft vorkommt: «Häufig wird Fluorid mit Fluor gleichgesetzt, ein hochreaktives und giftiges Element.» Fluoride aus der Zahnpasta sind jedoch Salze von Fluor und somit, wenn korrekt dosiert, nicht schädlich.

Doch sind Fluoride für Kinder wirklich unbedenklich? Ja, sagt Gubler: «Für eine gefährliche Vergiftung müsste ein Kind eine ganze Tube einer fluoridhaltigen Zahnpasta für Erwachsene verschlucken.»

Gehen Sie regelmässig zum Zahnarzt?

Ab dem Durchbruch des ersten Milchzahnes sollten die Zähne mit einer fluoridhaltigen Kinderzahnpasta gereinigt werden. Die Interuniversitäre Studiengruppe für zahnmedizinische Prophylaxefragen empfiehlt einen erbsengrossen Tupfen einer Zahnpasta mit 0,05 Prozent Fluorid.

Immerhin werde die Arbeit der Schulzahnärzte nicht grundsätzlich hinterfragt, sagt Gubler. Wichtig sei, dass man die teils verunsicherten Eltern aufklärt und über die Wirkung der Fluoride informiert.

Lehrerverband: Schulzahnarzt-Besuche sind Erfolgsgeschichte

Auch dem Berufsverband der Lehrpersonen LCH ist die Diskussion um fluoridhaltige Zahnpasta bekannt, wie Beat Schwendimann, Leiter Pädagogik, sagt. Allerdings könne man nicht sagen, ob Eltern die Arbeit von Schulzahnärzten vermehrt hinterfragen. Klar ist laut Schwendimann: «Nicht alle Eltern sind ausreichend über prophylaktische Zahnpflege informiert.»

Ein mögliches Mittel dagegen ist der regelmässige Besuch eines Schulzahnarztes. Schwendimann führt aus: «An vielen Schulen kommt einmal pro Semester eine Fachperson für Zahnpflege vorbei, welche den Kindern korrekte Mundhygiene vermittelt.» Und dies mit Erfolg: «Studien zeigen, dass seit der Einführung der Schulzahnpflege in den 1960er-Jahren Karies bei Kindern um 90 Prozent zurückgegangen ist.»

Auch der Lehrerverband sieht die sozialen Medien als potenziellen Gefahrenherd. Schwendimann sagt: «Leider werden über soziale Medien vermehrt Gerüchte und Verschwörungstheorien verbreitet, welche zu viel Unsicherheit und Ängsten führen.» Aus Sicht des Lehrerverbands sei es deshalb wichtig, die Eltern sachlich zu informieren.

Schule
Auch im Schulzimmer wird auf das Thema Mundhygiene eingegangen. (Archivbild) - keystone

Für die Sorgen der Eltern hat Schwendimann dennoch Verständnis: «Es ist verständlich, dass sich Eltern Sorgen machen, da die Gesundheit der Kinder im Vordergrund steht.»

Schwendimann betont, dass die Zahnpflege eine «gemeinsame Aufgabe von Elternhaus und Schule» sei. Dabei geht es nicht nur um die Zahnarztbesuche. Zum Lehrplan gehört auch Fachwissen zu Gesundheit und Hygiene.

An Tagesschulen, an denen die Kinder auch zu Mittag essen, putzen die Kinder beispielsweise nach dem Essen ihre Zähne. Dort entscheiden aber die Eltern, welche Zahnpasta sie ihren Kindern mitgeben.

Kommentare

User #1133 (nicht angemeldet)

Ja, genau, seit Jahrzehnten ist die positive Wirkung erwiesen und jetzt kommen da irgendwelche Laien und wissen es natürlich besser. Das ist der heutige Zeitgeist.

User #3301 (nicht angemeldet)

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