FlyBAIR-Vorbild: So läuft es bei der deutschen virtuellen Airline
Der Flughafen Bern will sich mit der «FlyBAIR» am Erfolgsmodell der Rhein-Neckar Air orientieren. Diese hat aber grundsätzlich andere Voraussetzungen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die «FlyBAIR» will sich an einer deutschen virtuellen Fluggesellschaft orientieren.
- Diese hatte aber eine grundsätzlich andere Ausgangssituation.
Als der Flughafen Bern an seiner Pressekonferenz am Freitagmorgen eine virtuelle Fluggesellschaft ankündigte, mussten die Journalisten im Saal erst einmal kollektiv googlen. Was ist bitte eine virtuelle Fluggesellschaft? Ein Flugsimulator? Der Flughafen gab zum Glück gleich selbst ein Beispiel zum Vergleich.
Virtuelle Airline aus Deutschland als Vorbild
Konkret will man sich mit dem Projekt «FlyBAIR» am Erfolgsmodell der Rhein-Neckar Air orientieren. Die virtuelle Fluggesellschaft aus Deutschland bedient vom kleinen Flughafen in Mannheim aus sehr erfolgreich drei Destinationen im Inland, Berlin, Hamburg und die Ferieninsel Sylt.
Bei genauerem Hinsehen wird aber schnell klar, dass die «FlyBAIR» wenig mit der Rhein-Neckar Air gemeinsam hat. Denn beim deutschen Vorbild des Berner Flughafens sind Ausgangssituation und Voraussetzungen grundsätzlich anders.
1. Unterschied: Woher kommt das Geld
2012 stellte die Cirrus Airline den Passagierbetrieb am Flughafen Mannheim City ein. Den Flughafen passierten damals rund 130'000 Personen im Jahr. Das war aber zu wenig für einen rentablen Betrieb.
Die Einstellung des Passagiertransports störte damals besonders die grossen Unternehmen aus dem brummenden Wirtschaftsstandort Mannheim. Firmen wie der Software-Gigant SAP, der Traktor-Hersteller John Deere, die ABB oder Heidelberg Cement wollten für Angestellte und Güter eine näher gelegene Flug-Anbindung als den Flughafen Frankfurt.
Sie unterstützten darum Pläne eines Vereins zur Wiederaufnahme des Flugbetriebs von Anfang an aktiv und auch finanziell. Aus diesem Verein ging dann noch im selben Jahr die Rhein-Neckar Air hervor.
Solche finanzstarken Partner hat der Flughafen Bern nicht im Rücken. Stattdessen soll das Startkapital mit einem Crowdfunding zusammenkommen. 2,5 Millionen Franken will Verwaltungsratspräsident Urs Sieber in drei Monaten zusammen haben. Er hofft dabei auch auf viele Spenden von Privaten.
Aber reichen 2,5 Millionen in dieser Branche wirklich als Startkapital? Das tönt sogar für eine virtuelle Fluggesellschaft nach extrem wenig. Zum Vergleich: Die Billigairline Swiss Skies, welche eigentlich dieses Jahr ab Basel abheben wollte, rechnete mit 100 Millionen Franken als Startkapital.
2. Unterschied: Die Destinationen
Hier gibt es vielleicht das grösste Fragezeichen. Denn während die Rhein-Neckar Air nach 6 Jahren Betrieb erst ihre dritte Destination angekündigt hatte, will das Bälpmoos von Anfang an acht Destinationen bedienen. Es sind alles Feriendestinationen im Mittelmeer-Raum.
In Deutschland hat man sechs Jahre lang nur Berlin und Hamburg angeflogen. So konnte der Verlust in der Bilanz jedes Jahr verringert werden. 2017 war die Airline noch 880'000 Franken im Minus. Erst diesen Sommer hat man das eigene Angebot um die Ferieninsel Sylt erweitert, nachdem schwarze Zahlen für 2019 als realistisch eingestuft wurden.
3. Unterschied: Das Ziel-Publikum
Das wiederum führt uns zum Ziel-Publikum. Die Rhein-Neckar Air konnte von Anfang an mit einer fixen Anzahl an Geschäftsreisenden aus dem Wirtschaftsstandort rechnen. Erst seit diesem Sommer richtet sich die Sylt-Linie auch an Touristen.
Das Angebot der FlyBAIR hingegen richtet sich von Beginn weg ausschliesslich an Touristen. Aber gibt es wirklich so viele Mittelmeer-Urlauber aus dem Grossraum Bern? Denn auf diese beschränkt sich das Angebot, solange FlyBAIR nicht ein internationales Drehkreuz wie London, Frankfurt oder Paris anfliegt. Immerhin sei dies geplant, hiess es an der Pressekonferenz.
Können Bären fliegen?
Alles in allem erweckt es den Anschein, als ob ein Bär sich hier an den Höhenflügen eines Vogels orientiert. Dem «Bäupmoos» wäre es aber zu gönnen, wurde es Büne Huber und andere doch noch «furt vo hie» spicken. Am Abend nach der Ankündigung waren immerhin schon fast 70'000 Franken zusammen. Vielleicht zieht das Berner Wappentier ja doch bald mit den Zugvögeln in den Süden.