Die Differenzen zwischen Kanton und Gemeinde scheinen überwunden. Jenische und Sinti bekommen den ersten Platz in beiden Basel für einen dauernden Aufenthalt.
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Eine Wohnwagensiedlung von Fahrenden. (Symbolbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • In Füllinsdorf BL bekommen die Fahrenden einen Standplatz.
  • Der Kanton kommt so seiner gesetzlichen Pflicht nach.
  • Doch eine definitive Lösung fehlt. Ab 2030 braucht es eine andere Lösung.
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Jenische und Sinti bekommen in Füllinsdorf einen Standplatz. Es ist der erste Platz für einen dauernden Aufenthalt in den beiden Basel. Das heisst, die Schweizer Fahrenden können sich in der Gemeinde anmelden und die Kinder hier auch zur Schule schicken.

Aktuell gibt es im Baselbiet zwei Durchgangsplätze: in Liestal und in Wittinsburg. Dort dürfen sich die Fahrenden aber nur während maximal 30 Tagen aufhalten. Der Platz in Wittinsburg ist ganzjährig geöffnet, jener in Liestal von April bis Oktober.

Allerdings hat auch der geplante Standplatz in Füllinsdorf ein Ablaufdatum: Er ist befristet bis spätestens Ende 2029. Ab 2030 wird das Areal für den Ausbau der Abwasserreinigungsanlage Ergolz 2 benötigt. In der Zwischenzeit will der Kanton eine definitive Lösung finden. Er kommt damit Vorgaben des Bundes nach, wonach Fahrenden eine nomadische Lebensweise zu ermöglichen ist.

«Enge Zusammenarbeit»

Der Füllinsdörfer Standplatz bietet zehn Stellflächen à 200 Quadratmeter. Ursprünglich hätte er schon vor einem Jahr öffnen sollen. Doch die Gemeinde erhob Einsprache.

Sie erachtete den Standort als nicht zonenkonform und reklamierte, dass Wohnen neben einer Kläranlage «unzumutbar» sei, wie sie damals in einer Medienmitteilung festhielt. Es gab aber auch Streit, weil sich der Gemeinderat vom Kanton übergangen fühlte.

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Zwischen Frühjahr und Herbst unterwegs, im Winter auf einem Standplatz: Schweizer Fahrende. - Eric Roset / Stiftung Zukunft für Schweizer Fahrende

Die Differenzen scheinen nun beseitigt. Kanton und Gemeinde informieren, dass der Standplatz nun «dank enger Zusammenarbeit» realisiert werden könne. Füllinsdorf hat die Beschwerde bei der Baurekurskommission zurückgezogen.

Gemeinde und Kanton hätten «gemeinsam nach Lösungen gesucht», um den Schweizer Fahrenden ein gutes Umfeld zu bieten. Der Standplatz werde so ausgestaltet, «dass ein reibungsloser Betrieb möglich ist».

Kein «Providurium»

Christoph Keigel, seit Juli Gemeindepräsident von Füllinsdorf, war zuvor nicht in das Dossier involviert. Aus heutiger Sicht seien für die Gemeinde vor allem zwei Punkte wichtig: Der Standplatz dürfe nicht zu einem «Providurium» werden, also länger als vereinbart in Betrieb sein.

Ausserdem will die Gemeinde, dass der Schulweg für die Kinder vom Standplatz sicher gestaltet wird. Der Ort liegt direkt an einer Strasse, die «intensiv mit Lastwagen befahren wird», wie Keigel sagt. Der Platz soll eine vernünftige Standortqualität bieten.

Hältst du die gefundene Einigung für eine gute Lösung?

Die Fahrenden selbst sind mit dem Standort einverstanden. Simon Röthlisberger von der Stiftung Zukunft für Schweizer Fahrende sagte vor einem Jahr in einem Artikel der «Basler Zeitung», dass er den Ort angesichts der fehlenden Standplätze in der Nordwestschweiz und als temporäre Lösung befürworte.

Der Kanton wird nun die Baubewilligung und den Zeitplan fertigstellen. Der Stellplatz erhält Werkleitungsanschlüsse und eine Entsorgungsstation für Abfallsäcke.

Es fehlen bis 30 Standplätze

Schätzungsweise zwischen 2000 und 3000 Jenische und Sinti pflegen in der Schweiz eine fahrende Lebensweise. Die Reisezeit ist meist zwischen Frühjahr und Herbst. Im Winter benötigen sie einen festen Wohnsitz. Ein solcher ist auch wichtig bei Krankheit oder wenn die Familien schulpflichtige Kinder haben.

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Die Gemeindeverwaltung an der Mitteldorfstrasse in Füllinsdorf. - Nau.ch / Werner Rolli

Gemäss dem Standbericht der Stiftung Zukunft für Schweizer Fahrende gab es 2021 aber erst 16 Stand- und 24 vollwertige Durchgangsplätze. Das seien 20 bis 30 Standplätze und rund 50 Durchgangsplätze zu wenig.

Ausserdem verfügt die Schweiz über sieben Transitplätze. Diese sind für ausländische fahrende Roma vorgesehen.

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Hinweis: Dieser Artikel wurde zuerst im Basler Newsportal «OnlineReports» publiziert.

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