Gemäss Bund ist Sitz im Uno-Sicherheitsrat mit Neutralität vereinbar
Der Chef der Uno-Abteilung vom EDA hält den Beitritt in den Uno-Sicherheitsrat für mit der Schweizer Neutralität kompatibel. Die SVP wehrt sich weiterhin.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Beitritt der Schweiz in den Uno-Sicherheitsrat ist gemäss Grütter unproblematisch.
- Er sei auch mit der Neutralität und dem Verzicht auf kriegerische Handlungen vereinbar.
- Stellung müsse die Schweiz so oder so beziehen, ausserdem bringe der Sitz viele Vorteile.
Der mögliche Einsitz der Schweiz im Uno-Sicherheitsrat ist gemäss dem Chef der Uno-Abteilung vom EDA problemlos mit dem Neutralitätsrecht vereinbar. Für die guten Dienste der Schweiz hätte ein Einsitz demnach gar Vorteile.
Neutralität heisse, dass sich die Schweiz bei einem Konflikt nicht an kriegerischen Handlungen beteiligen dürfe. Zudem könne sie keine militärischen Massnahmen treffen und in Friedenszeiten nicht einer Militärallianz, also der Nato, beitreten. Das sagte Frank Grütter, der Chef der Uno-Abteilung des Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA), am Dienstag in einem Mediengespräch.
Die Kandidatur wurde bereits 2011 beschlossen. Am Gespräch erläuterte Grütter vor allem einen Aspekt der Kandidatur: die durch den Ukraine-Krieg aufgekommenen Diskussionen über die Neutralität der Schweiz.
Demnach spielt bei Entscheiden des Uno-Sicherheitsrats das Neutralitätsrecht ohnehin keine Rolle. Es seien «Entscheide der Weltgemeinschaft, um den Verbrecher wieder auf den Pfad der Tugend» zu bringen, wie Grütter sagte.
Die neutrale Schweiz hat auch im Uno-Sicherheitsrat keine Pflichten
Der Sicherheitsrat sei nicht Partei des Konfliktes. Bei der konkreten Umsetzung von Massnahmen wäre die Schweiz zudem nicht gehalten, mitzumachen. Beispielsweise bei der Frage, wer Truppen in ein Krisenland schicke, habe die Schweiz keine Pflichten. Sie müsse keine Truppen entsenden und auch die Friedenssicherungs-Truppen nicht vergrössern, sagte Grütter.
Ein Land könne sich zudem auch unter Neutralitätsaspekten immer gegen Völkerrechtsverletzungen stellen. Der Ukraine-Krieg habe gut gezeigt: «Wir müssen so oder so Stellung beziehen», sagte Grütter. Die Schweiz habe dies zum Ukraine-Krieg schon vor Ausbruch des Krieges in diversen Gremien getan, auch zu Sanktionen.
Statt ein Problem sei der Einsitz im Uno-Sicherheitsrat eine grosse Chance etwa für die Guten Dienste. So hätten die Aussagen viel mehr Gewicht und man sei viel näher an den Dossiers und Entscheidungsträgern dran. Man könne dann auch gewisse Konferenzen im eigenen Land durchführen. Mit dem Sitz im Uno-Sicherheitsrat gewinne die Schweiz «an Schlagkraft», fasste Grütter zusammen.
Eine glaubwürdige Mitgliedschaft ist das oberste Ziel
Das oberste Ziel des Einsitzes sei, dass die Schweiz «eine glaubwürdige Mitgliedschaft über die gesamte Bandbreite» habe, erläuterte Grütter weiter. Die Schweiz wolle sich für das Völkerrecht, die Respektierung der Menschenrechte und der humanitären Rechte sowie für die Konflikt-Prävention einsetzen.
In einem Fall wie dem Ukraine-Krieg würde die Schweiz gemäss Grütter der «völkerrechtlichen Einschätzung der Situation Ausdruck verliehen». Ausserdem würde sie zum Einstellen der Kampfhandlungen und zum Schutz des Medizinpersonals aufrufen. Auch in diesem Gremium möchte sie betonen wollen, dass sich Konflikte nur durch Gespräche lösen liessen.
Die Kandidatur der Schweiz für den Uno-Sicherheitsrat wurde bereits 2011 vom Bundesrat beschlossen. Die Schweiz könnte von 2023 bis 2024 zum ersten Mal einen der zehn nichtständigen Sitze im Uno-Sicherheitsrat erhalten. Ihre Chancen stehen gut, weil sich bisher nur Malta und die Schweiz um die zwei Sitze bewerben.
Der Entscheid fällt am 9. Juni in New York.
SVP wehrt sich weiterhin gegen Beitritt
Allerdings regt sich im Parlament Widerstand: Für die SVP kommt ein Beitritt aus Befürchtungen um die Neutralität weiterhin nicht infrage. Ihr Antrag für eine ausserordentliche Session wurde gutheissen. Sie findet in der laufenden Session statt.
Bundespräsident und Aussenminister Ignazio Cassis hält derweil an der Kandidatur fest: «Die Ausgangslage hat sich nicht geändert», hatte Cassis am Freitag in Bern an einer Medienkonferenz zur Ukraine-Krise gesagt.
Wird die Schweiz in den Uno-Sicherheitsrat gewählt, will der Bundesrat nach den Sommerferien die Prioritäten festlegen. Danach nimmt die Schweiz als Beobachterin ohne Stimmrecht bis Ende Dezember drei Monate Einsitz im Gremium. Ab Januar 2023 soll die Schweiz dann mitentscheiden können.
Im Sicherheitsrat will der Bundesrat in wichtigen Fragen dann selber entscheiden: etwa wenn die Entscheide von hoher innen- oder aussenpolitischer Tragweite sind oder ein neues Sanktionsregime verabschiedet wird.