Grosse qualitative Bandbreite der Schweizer Filme am ZFF
164 Filme sind am diesjährigen Zürich Film Festival zu sehen. 27 davon stammen aus der Schweiz. Ein Überblick zeigt die sehenswerten Filme.
Das Wichtigste in Kürze
- 27 Filme des diesjährigen Zürich Film Festival stammen aus der Schweiz.
- Bei 13 davon handelt es sich um Weltpremieren.
- Im deutschsprachigen Wettbewerb sind fünf Schweizer Filme programmiert.
Von den 164 Filmen, die an der diesjährigen 16. Ausgabe des Zurich Film Festival (ZFF) zu sehen sind, stammen 27 aus der Schweiz, 13 davon sind Weltpremieren.
Abwesend ist der Westschweizer Film. Im deutschsprachigen Wettbewerb sind fünf Schweizer Filme programmiert. Neben Highlights gibt es Belangloses. Ein Überblick über die sehenswerten Filme.
«Spagat»
Christian Johannes Koch ist mit seinem Erstlingsspielfilm «Spagat» aus Schweizer Sicht der klare Preisfavorit. Der Film hatte seine Weltpremiere letzte Woche am Festival in San Sebastian.
Der Film handelt von der Schülerin Ulyana, die in der Freizeit als Kunstturnerin trainiert. Ihr Vater lebt mit Ulyana seit Jahren illegal in der Schweiz. Zudem hat er eine Affäre mit ihrer Lehrerin. In ruhigen Szenen entfaltet sich allmählich das komplexe Beziehungsgeflecht zwischen den Protagonisten.
Ein Ladendiebstahl von Ulyana löst eine Flut von Ereignissen aus. So, dass bald alle Beteiligten überfordert sind und ihre Lügengebäude zum Einsturz bringt. «Spagat» überzeugt mit einer glaubwürdigen Geschichte und herausragenden Darstellern. Ein eindrückliches Sozialdrama über Liebe und Loyalität, über Ausgrenzung und Verrat.
«Not Me - A Journey with Not Vital»
Ein visuelles Ereignis, ein Künstlerporträt der eigenen Art, ist «Not Me - A Journey with Not Vital» von Pascal Hofmann. Der Engadiner Künstler Not Vital nimmt die Zuschauerinnen und Zuschauer mit auf eine Reise rund um den Erdball. Man hört die Stimme des Regisseurs und rätoromanische Gedanken von Vital - sonst herrscht fast religiöse Stille.
Die Kamera schwelgt in nebelverhangenen Landschaften, zeigt phantastische, gelegentlich verstörende Bilder. Von Vitals Heimatdorf Sent geht es über Peking, Kairo, Niger, New York nach Patagonien und zurück nach Zürich. Vitals Werke kann man mögen oder nicht - diesem Film, ein Kunstwerk für sich, kann man sich kaum entziehen.
«Hermann Hesse. Brennender Sommer»
Ebenso faszinierend und ein Kunstwerk für sich ist der Film «Hermann Hesse. Brennender Sommer». Regisseur Heinz Bütler nähert sich dem deutsch-schweizerischen Nobelpreisträger in einer raffinierten Montage aus Diskussionsrunde, Lesung, Malerei und Musik. Beleuchtet werden die ersten Jahre des Schriftstellers im Tessin ab 1919.
Auch hier: nicht Reportage, sondern filmische Annäherung an den Autor, der auch gemalt hat. Der Schauspieler Peter Simonischek liest aus der in Montagnola geschriebenen Erzählung «Klingsors letzter Sommer». Dazu diskutieren Experten wie die Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff den hochexpressiven Text. Virtuose Filmkunst, ein Highlight des Schweizer Filmjahres.
SRF-Serie «Frieden»
Absolut sehenswert ist schliesslich die neue SRF-Serie «Frieden» von Michael Schaerer. Am ZFF wurden bereits die ersten beiden Folgen gezeigt. Erzählt wird eine Familiengeschichte im Frühling 1945 in der Ostschweiz.
Im Mittelpunkt stehen die Fabrikanten-Tochter Klara und ihr Ehemann, der vom Schwiegervater das Familienunternehmen übernimmt. Auch im Mittelpunkt steht ihr Schwager, der in die Schweiz geflüchtete Nazis zur Rechenschaft ziehen will. Mit Annina Walt, Max Hubacher und Dimitri Stapfer sind die Hauptrollen ideal besetzt.
Im Wettbewerb konkurrieren aus der Schweiz noch «Beyto» von Gitta Gsell: Ein Film in dem der Sohn türkischer Einwanderer sein Coming-out als Schwuler hat. Das Debüt «Sami, Joe und ich» von Karin Heberlein über Freuden und Leiden von Schulabgängerinnen. «Miraggio» von Nina Stefanka, die uns den hoffnungslosen Alltag von afrikanischen Flüchtlingen in Rom vor Augen führt.
Weitere Essays mit ZFF-Premiere
Weitere Essays, die am ZFF ihre Premiere hatten, sind «Zürcher Tagebuch» von Stefan Haupt. Es ist ein sehr persönlicher Film, eine Art Homestory. Der Zürcher Regisseur widmete dies seinem Stadtkreis, seinen Freunden und seiner Familie.
«Der Ast, auf dem ich sitze - ein Steuerparadies in der Schweiz» von Luzia Schmid. Es handelt sich um ein Porträt ihrer Heimat Zug. «Kleine Heimat» von Hans Haldimann porträtiert zwei über 90-jährige Frauen, die umziehen müssen, weil ihre Wohnblocks abgerissen werden.
In «W. - was von der Lüge bleibt» rollt Rolando Colla den Fall von Bruno Wilkomirski auf. Dieser veröffentlichte vor 20 Jahren das Buch «Bruchstücke» über seine Kindheit im Konzentratinoslager. Später stellte es sich als Fälschung heraus.