Grosskonzerne schneiden im Gemeinwohlrating der Schweiz schlecht ab
Das Wichtigste in Kürze
- Die Universität St. Gallen hat eine Befragung zum Gemeinwohl in der Schweiz durchgeführt.
- Drei Viertel der Befragten finden, dass dem Gemeinwohl zu wenig Beachtung geschenkt werde.
- Bei der Bewertung schneiden die Organisatoren und Unternehmen schlechter ab als zuvor.
Schweizerinnen und Schweizer sorgen sich um das Gemeinwohl im eigenen Land. Vor allem Grosskonzerne wie Marlboro, FIFA und Glencore nehmen laut Befragten ihre Verantwortung fürs Gemeinwohl nicht wahr.
Das zeigt der GemeinwohlAtlas Schweiz 2019, eine Befragung der Universität St. Gallen gemeinsam mit der Handelsschule Leipzig, über welche die «Sonntagszeitung» berichtet hatte. Demnach finden drei Viertel der Befragten, dass dem Gemeinwohl in der Schweiz zu wenig Beachtung geschenkt werde. Eine Einstellung, die sich seit der letzten Befragung 2017 nicht geändert hat.
Bei der Bewertung 2019 schneiden die Organisationen und Unternehmen der Schweiz aber deutlich schlechter ab als noch vor zwei Jahren. Praktisch alle Organisationen haben nach Ansicht der Befragten weniger fürs Gemeinwohl investiert.
Unternehmen haben grosse Verantwortung
Nahezu alle Befragten sind der Meinung, dass die Organisationen, darunter auch privatwirtschaftliche Unternehmen, eine grosse Verantwortung haben, zum Gemeinwohl beizutragen.
Besonders Grosskonzerne wurden abgestraft. Auf den letzten zehn Plätzen stehen in absteigender Reihenfolge der FC Zürich, Facebook, Amazon, Syngenta, Blick, Tamoil, die UEFA, Glencore, die FIFA und Marlboro macht das Schlusslicht. Nestlé und Coca-Cola verlieren im Vergleich zu 2017 in ihrer Gemeinwohlbewertung jeweils fast 15 Prozent. Bei Amazon und Facebook sind es knapp 10 Prozent weniger.
Das sei ein relativ grosser Sprung für eine Gemeinwohlbewertung, da diese auf den langfristigen Erfahrungen der Bürgerinnen und Bürger mit einer Organisation beruhe. «Nur wenn die Bevölkerung der Meinung ist, dass tatsächlich etwas sehr falsch läuft, kommt es zu solch grossen Änderungen in der Bewertung»«, lässt sich Studienleiter Timo Meynhardt in einer Mitteilung zitieren.
Rennen macht die Rega
Das Rennen für ihren Beitrag zum Gemeinwohl machte dieses Jahr, wie auch schon 2017, die Rega. Danach folgen die Spitex, Pro Senectute, die Schweizer Paraplegiker Stiftung, das Schweizerische Rote Kreuz und die AHV/IV. Auch Pro Infirmis, die Schweizerische Unfallversicherung Suva, die Reka und die Heilsarmee schaffen es unter die Top 10.
Im internationalen Vergleich sorgen sich in der Schweiz 73 von 100 Befragten um das Gemeinwohl, in Deutschland sind es 81 von 100. 2019 wurden in der Schweiz insgesamt 14'946 Personen im Alter zwischen 18 und 93 Jahren in allen Sprachregionen befragt.
Laut den Verantwortlichen der Studie geht es beim Gemeinwohl darum, wie die Menschen ihr gesellschaftliches Umfeld wahrnehmen. Dabei haben Organisationen verschiedenster Art einen Einfluss auf das Erleben des Gemeinwesens in der Gesellschaft.
So kann etwa ein Fussballverein zum Zusammenhalt der Stadt oder eine Bank zur wirtschaftlichen Entwicklung des Landes beitragen. Gemeinwohl entsteht aber erst dann, wenn die Handlungen positiv durch Individuen wahrgenommen werden.