Grossrutschung: Nach Felssturz in Brienz GR ist Nachbarort in Gefahr
Das Wichtigste in Kürze
- Im Sommer 2023 kam es zu einem Bergsturz in Brienz GR.
- Das Dorf blieb verschont. Allerdings besteht die Gefahr eines weiteren Vorfalls.
- Vor allem, weil der neu geformte Südhang schneller als je zuvor rutscht.
- Die Folge könnte eine «Grossrutschung» sein, die zu schweren Schäden führen würde.
Das malerische Dorf Brienz im Kanton Graubünden hat eine turbulente Zeit hinter sich. Im Sommer 2023 wurde es von einem gewaltigen Bergsturz erschüttert. Glücklicherweise blieb das Dorf verschont, doch nun scheint neues Unheil zu drohen.
SRF hat Daniel Figi, ein Geologe mit der Leidenschaft eines Bergsteigers, bei einer Erkundung des Rutschkegels begleitet. Ihm macht der neu geformte Südhang über Brienz Sorgen. Dieser rutscht schneller als je zuvor – und das Dorf mit ihm.
Das grösste Problem: «Rutscht das Dorf, verliert auch der darüberliegende Berg an Stabilität», so Figi. Ein Phänomen, das Geologen wie er «Grossrutschung» nennen.
Die Situation erfordert ständige Wachsamkeit. «Was 2023 abgestürzt ist, war nur ein Prozent des ganzen Volumens, das in Brienz in Bewegung ist», sagt Figi. Ein weiteres solches Ereignis ist in den kommenden zehn Jahren nicht auszuschliessen, wenn die Dinge so bleiben, wie sie sind.
Umsiedlungsstandort Vazerol bedroht
Besonders instabil ist ein spitz aufragender Felsbrocken namens «Haifischzahn». Sowie ein Bereich hinter der Brienzer «Südwand», bekannt als «Kompartiment West». Ein Teil dieses Kompartiments könnte sogar Richtung Vazerol abstürzen. Dabei war der Nachbarort ursprünglich als einer von mehreren Umsiedlungsstandorten vorgesehen.
Die Grossgemeinde Albula, wozu Vazerol und Brienz gehören, erarbeitet daher bis im Herbst eine neue Planungszone. «Wir werden dann sehen, ob die Umsiedlungszone Vazerol verkleinert oder aufgelöst werden muss», so der Präsident.
Um mögliche Gefahren frühzeitig zu erkennen, wird das Gebiet vom WSL-Instituts für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) mit einer Drohne vermessen. Zusätzlich liefern hochauflösende Satelliten-Radardaten täglich mehrere Vermessungsdaten – selbst bei Nebel.
Eine geplante Massnahme zur Stabilisierung des Hanges ist der Bau eines Entwässerungsstollens. Dieser soll den Wasserdruck im Berg reduzieren, der als Hauptursache für die Grossrutschung gilt. Der Stollen soll 2026 fertiggestellt sein und dann zehnmal mehr Wasser aus dem Berg holen als der bisherige Sondierstollen.
Zukunft von Brienz ungewiss
Trotz aller Bemühungen bleibt die Zukunft von Brienz ungewiss, berichtet SRF weiter. Das Dorf leidet bereits unter den Auswirkungen der Rutschbewegungen. Die lokalen Infrastrukturen sind betroffen, Landwirte können Teile ihres Landes nicht mehr bewirtschaften.
Hast du die Geschehnisse um Brienz GR mitverfolgt?
Die Hoffnung bleibt, dass die Rettungsaktion von Brienz gelingt und eine Umsiedlung der Bewohner vermieden werden kann. Doch wie Figi betont: «Weiter als auf fünf Jahre hinaus können wir nicht prognostizieren.»