Helfen Handyverbot und Ausweispflicht gegen Social-Media-Sucht?
Die Social-Media-Nutzung macht immer mehr Jungen zu schaffen – mit psychologischen Folgen. Ein Handyverbot an Schulen und eine Ausweispflicht könnten helfen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Social-Media-Nutzung von Jungen wird immer kritischer gesehen.
- Aufgrund des hohen Suchtpotentials kann Entwicklungszeit verloren gehen.
- Nicht nur Schule und Forschung, auch Eltern müssen sich tiefer mit dem Thema befassen.
Kinder und Jugendliche sollen unter den Folgen von exzessiver Social-Media-Nutzung leiden. Jüngst forderten Basler Regierungsräte drum ein Handyverbot an Schulen sowie mehr Prävention bei der Nutzung von digitalen Geräten.
Insbesondere bei der Entwicklung von Kindern soll der Gebrauch von Social Media und digitalen Geräten negative Folgen haben. Auch ihre psychische Gesundheit soll sich verschlechtert haben. Eltern und Schulen werden deshalb immer mehr zur Verantwortung gezogen.
Sind diese Entwicklungen Grund, um Alarm zu schlagen?
Studien bestätigen Probleme
Laut Wissenschaftler Christian Montag gibt es sehr viele Studien, «die Zusammenhänge zwischen einer suchtähnlichen Nutzung von Social Media und depressiven Verstimmungen und Ängstlichkeit herstellen konnten». Das Resultat: Kinder und Jugendliche könnten laut den Studien durch Social Media eher mit Körperunzufriedenheit und Essstörungen zu kämpfen haben.
«Zusätzlich kommen junge Menschen auf den Plattformen mit nicht altersadäquaten Inhalten in Kontakt», sagt der Professor für molekulare Psychologie. Es sei für ihn beunruhigend, dass immer jüngere Menschen Social Media nutzen. «Meines Erachtens gehören die sozialen Medien nicht in Kinderhände und sind aktuell erst ab dem 13. Lebensjahr erlaubt.»
Philipp Ramming von der Schweizerischen Vereinigung für Kinder- & Jugendpsychologie (SKJP) relativiert die Ängste. Die Behauptung, Social Media mache die Hirne von Kindern und Jugendlichen kaputt, ist für ihn «zu monokausal». Es würden durchaus andere Faktoren die Lage beeinflussen.
Für Ramming sind es die Algorithmen, die ein hohes Suchtpotenzial haben. «Das ist wie ein Drogenmarkt.» Junge Menschen würden auf den Apps kleben bleiben, da diese auf eine lange Nutzung ausgelegt sind.
«Damit geht Zeit verloren, die für Kinder wertvoller als für die Erwachsenen ist, da es sich bei ihnen um Entwicklungszeit handelt.»
Das sind die Lösungsvorschläge
Schulen haben laut Philipp Ramming die Möglichkeit, eine nutzungsfreie Zeit anzubieten, etwa durch Räume mit Handyverbot. Zudem könnten Eltern selbst eine Vorbildfunktion übernehmen. «Zu einer anständigen Erziehung gehört es, selbst mit Social Media umgehen zu können», so Ramming.
Für Christian Montag ist eine Ausweispflicht bei Eltern und ihren Kindern bei der Erstanmeldung auf Social-Media-Plattformen eine Lösung. «Damit würde schon mal ausgeschlossen werden, dass jüngere Menschen (als 13) auf den Plattformen unterwegs sind.» Weiter sieht Montag dringend mehr Forschung zu den aktuellen Altersvorgaben nötig. Das Mindestalter 13 stammt nämlich aus einer Zeit vor den sozialen Medien.
Mit mehr staatlichen Regelungen zum Jugendschutz könnte die Industrie auch zu empfindlichen Strafen verpflichtet werden. Zudem soll laut dem Experten grundsätzlich geklärt werden, wie «gesunde» Plattformen aussehen. «Dafür müssen auch alternative Finanzierungsmodelle durchdacht werden.»
Auf Anfrage von Nau.ch reagierten die derzeit grössten Anbieter von sozialen Medien, Tiktok und Meta, nicht.