Illegale ausländische Online-Casinos machen sich immer mehr in der Schweiz breit. Vor allem für Spielsüchtige ist dies ein Problem, aber auch die AHV leidet.
Online-Casinos
Neben dem legalen Geschäft mit dem Online-Glücksspiel gibt es auch einen grossen und stetig wachsenden illegalen Bereich in der Schweiz. (Symbolbild) - Sina Schuldt/dpa

Seitdem die Schweizer Bevölkerung 2018 das revidierte Geldspielgesetz mit einer grossen Mehrheit angenommen hat, boomt das zuvor illegale Online-Glücksspiel in der Schweiz. Mit der Legalisierung konnten sich klassische ortsgebundene Casinos auf eine Konzession für ein Online-Casino bewerben. Aktuell gibt es zehn Schweizer Anbieter, die über die ganze Schweiz verteilt sind.

Neben dem legalen Geschäft mit dem Online-Glücksspiel gibt es auch einen grossen und stetig wachsenden illegalen Bereich. Dies sind vor allem ausländische Anbieter, die ihre Glücksspiele ohne Konzession auch in der Schweiz anbieten.

Der Schweizer Casino Verband schätzt den Marktanteil der ausländischen Online-Casinos für 2023 auf rund 40 Prozent. Demnach seien allein im Vorjahr 180 Millionen Franken ins Ausland abgeflossen.

Verlustrisiko entsprechend hoch

Der volkswirtschaftliche Schaden durch die ausländischen Online-Casinos ist also enorm. So zahlen diese Anbieter keine Steuern in der Schweiz. Dadurch entgeht auch der AHV ein beträchtlicher Betrag, denn ein grosser Teil der Gewinne aus dem Online-Glücksspiel fliesst direkt dem Sozialwerk zu. Im Vorjahr waren es rund 120 Millionen Franken aus den legalen Angeboten. Ausländische Anbieter steuerten dazu keinen Rappen bei.

Auch die Schweizer Regelungen für den Spielerschutz unterlaufen die ausländischen Anbieter. So würden etwa Personen mit einem problematischen Spielverhalten nicht kontaktiert oder gesperrt. Auch gibt es dort oft keine Limits für die Einsätze und das Verlustrisiko ist damit entsprechend hoch.

Bei einem Rechtsstreit müssen sich Nutzer zudem an die Länder wenden, aus denen die Casinos operieren. Dies sind häufig Malta, Zypern oder auch Gibraltar. Schweizer Gerichte sind für Spielende im Ausland nicht zuständig, auch wenn es per se nicht illegal ist. «Sie spielen jedoch auf eigene Gefahr», sagte die für die Aufsicht zuständigen Eidgenössischen Spielbankenkommission (ESBK) auf Anfrage.

Das genaue Ausmass des illegalen Online-Glücksspiels ist gemäss ESBK jedoch nur schwer abzuschätzen. Einen Anhaltspunkt bietet die von der Kommission veröffentlichte Sperrliste für illegale ausländische Anbieter. Schweizer Internetprovider sind per Gesetz dazu verpflichtet, den Zugang auf diese Seiten technisch zu unterbinden.

Seitdem diese Sperren durch das revidierte Geldspielgesetz möglich sind, nahm die Zahl stetig zu. Den stärksten Zuwachs gab es Mitte 2022, als die Zahl der Sperrungen von knapp 600 auf gut 1000 in die Höhe schoss. Per Ende Mai 2024 finden sich 1738 Seiten auf der Sperrliste. Eine Trendwende zeichnet sich in den Zahlen bisher nicht ab.

«Sperrung muss verstärkt werden»

Neben dem Sperren von Websites haben die Schweizer Behörden kaum eine Handhabe gegen die ausländischen Anbieter. So ist es in den Heimatländern der Anbieter oft nicht illegal, ihre Angebote auch im Ausland anzubieten. Sie bewegen sich daher in einem «Graubereich».

«Die Sperrung der illegalen Websites muss verstärkt werden», fordert daher Gerhard Pfister, Mitte-Nationalrat und Präsident des Schweizer Casino Verbands. Zwar habe die ESBK bereits erste Schritte unternommen, bei der «Unterbindung der Werbung der illegalen Anbieter bestehen aber noch grosse Lücken», so Pfister im jüngsten Geschäftsbericht des Verbands weiter.

«Illegale Online Casinos sind für Spielsüchtige ein Riesenproblem», sagte Domenic Schnoz, Leiter des Zentrums für Spielsucht und andere Verhaltenssüchte des Kantons Zürich. Insbesondere sei problematisch, dass bei ausländischen Anbietern einzig die «Gewinnmaximierung» im Mittelpunkt steht, kritisierte er.

«Von den spielsüchtigen Personen spielen unserer Erfahrung nach ganz viele auch in ausländischen Online-Casinos», so Schnoz weiter. Die Hürde dazu sei oft nur gering und die Netzsperren könnten technisch recht leicht umgangen werden.

Noch keine gemeinsame Datenbank der gesperrten Spieler

Ganz nutzlos sind die Sperren laut Schnoz aber nicht. Denn sie würden durchaus Spieler abschrecken. Bei richtigen Spielsüchtigen helfe es aber leider oft nicht, denn eine Spielsucht sei wie eine Alkohol- oder Drogenabhängigkeit, wo der Süchtige jeden Aufwand in Kauf nimmt, um an seine Droge zu kommen.

Schnoz würde sich daher eine häufigere Aktualisierung der Sperrliste wünschen. Aktuell wird diese nur alle drei Monate aktualisiert, was in Anbetracht der Schnelllebigkeit des Geschäfts zu selten sei.

Der Spielerschutz bei den konzessionierten Schweizer Online-Casinos ist gemäss Schnoz dagegen deutlich besser. So habe er gute Erfahrungen im Austausch mit einzelnen Casinos gemacht. Aber auch in der Schweiz «gibt es durchaus noch Luft nach oben», so Schnoz weiter. So seien im Gesetz einige Begriffe schwammig formuliert. Beispielsweise biete der Begriff «unverhältnismässige Einsätze» viel Raum für eine Auslegung.

Ein grosses Problem sei auch, dass es noch keine gemeinsame Datenbank der gesperrten Spieler gibt. So könne ein Süchtiger etwa ohne Probleme bei mehreren Online-Anbietern gleichzeitig spielen, ohne dass diese das ganzheitliche Bild eines problematischen Spielverhaltens erkennen können.

Dabei spricht sich Schnoz nicht prinzipiell gegen Online-Casinos aus, denn diese würden ein Bedürfnis in der Bevölkerung adressieren und führten mit entsprechenden Sicherheitsmassnahmen auch nicht per se in eine Spielsucht. Wenn Spieler sich also für Online-Spiele entscheiden, dann sei ein lizensierten Schweizer Anbieter in vielerlei Hinsicht die sicherste Wahl.

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