Im SRF Club diskutieren Gegner und Befürworter das Impfen
Sind 95 Prozent der Bevölkerung gegen ein Virus geimpft, ist die ganze Gesellschaft sicher. Im SRF Club diskutieren Impfbefürworter mit den Gegnern.
Das Wichtigste in Kürze
- Im SRF Club diskutierten Wissenschaftler und Impfgegner das Impfen.
- Auf Impfgegner-Seite wird viel von individuellem Entscheid und Glauben gesprochen.
- Die Impfbefürworter dagegen finden klare Worte: Es geht um Solidarität.
- Sind 95 Prozent der Bevölkerung geimpft, hat man das Virus im Griff.
Gestern Dienstag diskutierten im SRF Club Gegner und Befürworter das Impfen. SRF Moderatorin Barbara Lüthi führte die Sendung mit einer bewegenden Geschichte an. Es ist jene von Micha Giesbrecht.
Mai 1999, Micha ist sechs Monate alt und hat Fieber. Die Mutter, Oxana Giesbrecht, macht sich sorgen, will nichts verpassen. Sie geht zum Kinderarzt. Lieber einmal zu oft, denkt sie sich.
Michas Geschichte
Im Wartezimmer des Kinderarztes sitzt auch ein elfjähriger Junge. Er hat hohes Fieber – und die Masern. Aber das weiss er noch nicht. Seine Eltern sind keine Impfgegner, sie haben bloss die Impftermine vergessen.
Micha, mit sechs Monaten noch zu jung für die Impfung, steckt sich an. Doch die Masern verschwinden nicht. Sie fressen sich in seinem Gehirn fest. Erst merkt das niemand.
Doch als Micha fünf Jahre alt ist, geht seine Entwicklung plötzlich nicht mehr voran, sondern zurück. Über neun lange Jahre muss Michas Familie mit ansehen, wie ihr Sohn und Bruder verschwindet. Im Sommer 2013 stirbt Micha. Todesursache: Masern.
Impfgegner und Befürworter bei SRF
Heute hat die Mutter nur einen Wunsch: «Impft besser.» Das sagt sie in einer Videobotschaft im SRF Club.
Dort sitzt zusammen mit anderen SRF-Gästen auch Daniel Trappitsch. Er ist Geschäftsleiter des Netzwerks Impfentscheid und Impfgegner.
Er wolle nicht vom Impfen abraten, sondern bloss informieren. Impfen, so Trappitsch, sei eine individuelle Entscheidung. Das müsse jeder für sich selber entscheiden.
«Wollen Sie zum Mörder werden?»
Beda Stadler, emeritierter Professor für Immunologie, schüttelt nur den Kopf. Impfen sei eben gerade kein individueller Entscheid.
Wer sich nicht impfen lasse, gefährde die ganze Gesellschaft. «Es geht um Solidarität. Niemand will zum Mörder werden», sagt er.
Fakt ist: Sind 95 Prozent der Bevölkerung gegen ein Virus geimpft, kann es nicht mehr zur Epidemie werden. Dann hat man es im Griff. Ausbrüche gibt es nur noch kleine, wenn jemand das Virus von aussen einschleppt. Damit schützen die Mitglieder einer Gesellschaft sich gegenseitig.
WHO: «Impfgegner sind globale Bedrohung»
Doch genau diesen geschützten Zustand sieht die Weltgesundheitsorganisation WHO schwinden. Sie warnt: «Wir erleben bei der Eindämmung der Masern einen Rückschritt. Dieser Rückschritt geschieht nicht, weil uns die Mittel fehlen, sondern, weil wir beim Impfen versagen.»
So das offizielle Statement der WHO. Darum hat sie Impfgegner Anfang Jahr offiziell zur «globalen Bedrohung» erklärt.
Im SRF Club kamen die Impfgegner aber nicht nur in der Diskussionsrunde zu Wort. Das SRF war auch auf der Strasse und hat mit Impfgegnern gesprochen. Gegen Masern und andere potentiell tödliche Krankheiten, meint eine von ihnen, helfe das Impfen reichlich wenig. Besser sei ein «gesundes Selbstbewusstsein und eine gesunde Seele.»