Im Zug: Touris fühlen sich zu sicher – und lassen Wertsachen liegen
Touristen lassen in einem Schweizer Zug ihre Wertsachen liegen, als sie aufs WC gehen. Kein Einzelfall – und eine Einladung für Diebe, so die Polizei.
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Das Wichtigste in Kürze
- Immer wieder kommt es im Schweizer ÖV zu Diebstählen.
- Trotzdem lassen einige Passagiere ihre Wertsachen unbeaufsichtigt liegen.
- Davor warnen die Kantonspolizeien und Transportunternehmen wie die SBB und die BLS.
«Wo denken die, wo sie sind?»
Sybille H.* (35) staunt über Touristen, die in die Schweiz kommen. Die Zürcherin fährt am Wochenende mit dem Schnellzug eine Stunde nach Bern.
Im Zweierabteil neben ihr sitzt ein amerikanisches Touristenpaar mit Sack und Pack.
«Nach ein paar Minuten standen beide auf und verschwanden», sagt Sybille.
«Ihre beiden Taschen und Jacken liessen sie einfach am Platz liegen. Sogar Kopfhörer fürs Handy und ein Sack mit Burger und Pommes lagen einfach unbeaufsichtigt da.»
Liessen ihre Wertsachen im Zug zehn Minuten unbeaufsichtigt
Denn die Touristen suchten die Toilette im Zug. Und das dauerte offenbar.
«Erst nach rund zehn Minuten kehrten sie zurück», erzählt die Zürcherin. «Sie machten noch Sprüche, dass die Schweiz so sicher sei und keiner klaue. Das fand ich total naiv.»
Die beiden Amerikaner sind nicht allein. Nau.ch-Fotos zeigen auch gutgläubige Pendler, die sogar ihr Handy eingesteckt am Platz liegen lassen.
Und das in einem Zug der BLS (Bern-Lötschberg-Simplon-Bahn), der alle paar Minuten hält. Diebe könnten somit nach der Tat problemlos aussteigen und flüchten.
2024: Allein im Kanton Aargau 200 ÖV-Diebstähle
Dass solche Fälle öfter vorkommen – und zuweilen auch zu Diebstählen führen – bestätigen mehrere Kantonspolizeien.
So berichtet beispielsweise die Kantonspolizei Aargau von 200 gemeldeten Diebstählen im ÖV für das Jahr 2024. Keine absoluten Zahlen nennt die Kantonspolizei Bern. Sie beobachtet aber eine Zunahme der Diebstähle im ÖV.
Bernhard Graser, Sprecher der Kantonspolizei Aargau, führt zudem aus: «Das Risiko, im ÖV bestohlen zu werden, ist in der Schweiz im Vergleich zu anderen Ländern gering. Dennoch wäre es tatsächlich naiv, sich völlig sicher zu wähnen und Wertsachen unbeaufsichtigt liegenzulassen.»
«Gelegenheit macht Diebe»
Die Zahlen aus dem Kanton Aargau zeigen: Im Zug, Bus oder Tram muss man mit Dieben rechnen.
Der Sprecher der Kantonspolizei Luzern, Urs Wigger, meint zudem: «Es liegt in der Natur der Sache, dass Wertgegenstände eher verschwinden, wenn sie unbeaufsichtigt deponiert sind.»
Eine Aussage, die auch die Kantonspolizei St. Gallen untermalt. Sie lässt ausrichten, unbeaufsichtigte Wertgegenstände seien ein Risikofaktor, denn: «Gelegenheit macht Diebe.»
Wertsachen im Auge behalten
Um Diebstählen im ÖV vorzubeugen, rät die Kantonspolizei Zürich, keine Gegenstände unbeaufsichtigt zu lassen.
Dies gelte für alle öffentlichen Räume, nicht nur für Zug, Bus und Tram, so die Sprecherin der Kantonspolizei Zürich.
Auch die ÖV-Betriebe SBB und BLS kennen die Problematik mit den Diebstählen in ihren Zügen. Die BLS warnt zudem nicht nur davor, Gegenstände unbeaufsichtigt zu lassen.
Zusammenarbeit mit der Polizei
BLS-Sprecher Stefan Locher sagt gegenüber Nau.ch: «Besonders beliebt sind schlafende und abgelenkte Personen. Oft werden die Bestohlenen bereits vor dem Einsteigen beobachtet und in den Zug verfolgt.»
Um die Fahrgäste zu schützen, seien alle Züge der BLS videoüberwacht. «Nach einem Vorfall wird sofort das Video gesichert, analysiert und der Polizei zur Verfügung gestellt.»
Es sei wichtig, dass Geschädigte so rasch wie möglich eine Anzeige bei der Polizei erstatten würden. Denn: «Nur so kann das Video innerhalb der gesetzlichen Frist gesichert werden.»
Tipps und Tricks gegen Diebe
Die SBB versucht indes, ihre Fahrgäste mit Präventionskampagnen zu sensibilisieren.
In einem Informationsvideo auf Instagram rät sie ihren Passagierinnen und Passagieren, die Augen offenzuhalten. Zudem solle man seine Taschen geschlossen halten und nahe am Körper tragen.
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Wichtig sei auch, sich nicht durch Drittpersonen ablenken zu lassen. Insbesondere deshalb, weil Diebesbanden oftmals in Gruppen arbeiten würden.
Man erinnere in Zugdurchsagen zudem daran, auf seine Wertgegenstände, Taschen und Koffer zu achten, so SBB-Mediensprecher Moritz Weisskopf.