Influencer locken Teenager mit Geld-Prahlerei auf Sexseite

Rowena Goebel
Rowena Goebel

Bern,

Die Blüttelseite Onlyfans wird immer bekannter. Das birgt auch Gefahren – Kinderschützer sind besorgt.

Onlyfans
Ex-Bachelor-Gewinnerin Francesca Morgese hat mit der Sexseite Onlyfans Erfolg. Dass Influencerinnen wie sie offen darüber sprechen, sorgt jetzt für Kritik. - Onlyfans/@francibrinley

Das Wichtigste in Kürze

  • Auf Onlyfans können Sexarbeiterinnen und -arbeiter ihre Inhalte selbstständig verkaufen.
  • Viele Influencerinnen protzen damit, dass sie mit der Blüttelseite «viel Geld» machen.
  • Das kann auch Teenies dazu verführen, dort Inhalte zu posten. Kinderschützer sind besorgt.

Linnea Sky ist 24 Jahre alt, hat über 400'000 Follower auf Tiktok und ist bekannt seit einem viralen Video. Sagt dir nichts? Vor zwei Jahren kritisierte sie jemand in den Kommentaren dafür, dass sie keinen BH trug. Die Reaktion der Deutschen darauf: «Excuse me, wir haben 2022.»

Ihre Antwort ging viral, weil viele ihre Aussprache peinlich fanden. Sie hat bis heute ein eher kindliches Image und sagt über sich, sie habe noch nicht einmal jemanden geküsst. Inzwischen postet sie aber auch auf der Sexseite Onlyfans.

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So scherzen die Influencerinnen Linnea Sky und Francesca Morgese auf Tiktok über ihren Onlyfans-Erfolg. - Tiktok

Und will dort nicht kleckern, sondern klotzen: Linnea Sky wird nicht müde, mit ihrem Erfolg zu prahlen. In einem Video erklärt sie, ihre Kunden hätten ihr umgerechnet gut 19'000 Franken an ihre erste Wohnung gezahlt.

Kein Einzelfall: Zum Thema gibt es Millionen Beiträge auf Tiktok. Die Schweizer Bachelor-Gewinnerin Francesca Morgese behauptet dort gar, sie sei dank Onlyfans Millionärin. Kürzlich gönnte sie ihrem Freund angeblich eine 14'000-Franken-Uhr – eigenen Angaben zufolge finanziert durch Nacktbilder und Co.

«Ihr habt eine Vorbildfunktion»

Laut einer Statistik der Tiktok-Agentur Kaltes Wasser sind rund 54 Prozent aller Schweizer User unter 24 Jahre alt. Fast 23 Prozent sind minderjährig. Auch Linneas und Francescas Tiktok-Follower dürften also zu grossen Teilen Jugendliche oder junge Erwachsene sein.

Und genau deshalb sorgen solche Videos nun für Kritik. Ex-Onlyfans-Model Chattytobehappy findet sie «ziemlich problematisch», wie sie auf Tiktok sagt. Sie stört, dass Influencer mit jungem Publikum Onlyfans so «krass glorifizieren» und darüber sprechen, wie viel sie so (angeblich) verdienen.

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Laut «Chattytobehappy» haben Iinfluencerinnen und Influencer auf Tiktok eine Vorbildfunktion. - Tiktok / @chattytobehappy

«Ob ihr wollt oder nicht, ihr habt eine Vorbildfunktion, wenn ihr viel Reichweite habt», stellt sie klar. Auch kritisch findet sie, dass «gar nicht über die negativen Aspekte gesprochen wird».

Dass Influencerinnen ihrem Publikum stets die ganze Wahrheit präsentieren, bezweifelt auch die Basler Sexualtherapeutin Melina Dobroka. «Ich denke, dass das Leben allgemein auf Social Media besser dargestellt wird, als es real erlebt wird. Das übt auf das Publikum Druck aus, ebenfalls ein solches Leben mit Glück, Geld und Ansehen zu haben.»

Bekannt ist jedenfalls, dass mit Onlyfans längst nicht alle reich werden. Das Aargauer Onlyfans-Model Lyviane sagte kürzlich zu Nau.ch, sie verdiene pro Monat zwischen 2700 und 4200 Franken.

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«Steht in keinem Verhältnis»: So viel verdient Lyviane als OnlyFans-Creator. - Nau.ch/Riccardo Schmidlin

Und das, obwohl sie sieben Tage die Woche arbeitet, manchmal gar über zwölf Stunden pro Tag. Lyviane wurde wegen einer SRF-Sendung mit Mona Vetsch bekannt.

Onlyfans-Nacktbilder landen gratis im Netz

Chattytobehappy hat inzwischen mit der Plattform abgeschlossen – und warnt: Sie kenne einige, die aufgehört haben, doch ihre Nacktbilder würden immer noch im Netz herumgeistern. Gratis, weil sie oftmals von Kunden auf anderen Plattformen hochgeladen werden.

Dieses Risiko kennt auch Tamara Parham von Kinderschutz Schweiz. «Wer Nacktbilder veröffentlicht, kann ihre Weiterverwendung nicht kontrollieren.» Eine «Gefahr», die das mit sich bringe, sei Erpressung – «ein verbreitetes Phänomen».

Bist du auf OnlyFans?

Jugendliche sieht sie als besonders gefährdet. «Für sie ist die Aussicht auf Geldverdienen sicherlich verlockend. Erst recht, wenn beliebte Influencer und Influencerinnen mit Begeisterung auf diese Möglichkeit hinweisen.»

Das Onlyfans-Mindestalter von 18 Jahren könne umgangen werden – beispielsweise, indem man den Ausweis einer älteren Freundin hochlade. «Jugendliche experimentieren gerne und riskieren auch mal etwas, können aber die Folgen nicht immer abschätzen.»

Nacktbilder werden im Unterricht besprochen

Deshalb pochen die Expertinnen auf Aufklärung – «einfach nicht mit dem erhobenen Zeigefinger», mahnt Dobroka. Eltern sollten sich selbst informieren und nicht zu urteilend reagieren. «So merken Jugendliche, dass sie den Eltern vertrauen können und sprechen auch offener mit ihnen.»

Aufklärung über Nacktfotos ist im Lehrplan vorgesehen, betont Dagmar Rösler, die oberste Lehrerin der Schweiz. «Es geht grundsätzlich darum, wie man mit eigenen Bildern umgeht, welche Wirkung sie haben können. Und auch, was mit hochgeladenen Bildern passieren kann.» Ob auch Onlyfans im Unterricht besprochen wird, kann sie aber nicht sagen.

Kinderschutz Schweiz plant derzeit eine nationale Sensibilisierungskampagne. Zudem fordert die Organisation, dass Plattformen ihre Nutzungsbedingungen strikter kontrollieren. Linnea Sky und Francesca Morgese wollen sich auf Anfrage nicht zu der Kritik äussern.

Kommentare

User #6227 (nicht angemeldet)

Ist das alles echt?

User #4390 (nicht angemeldet)

Gibt alles kostenlos im Netz. Keine Ahnung wer für das bezahlt.

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