Irène Schweizer: Grande Dame des Schweizer Jazz ist gestorben
Irène Schweizer, die Grande Dame des Schweizer Jazz, ist im Alter von 83 Jahren verstorben.
Die Grande Dame des Schweizer Jazz ist tot. Jazz-Pianistin Irène Schweizer ist im Alter von 83 Jahren gestorben. Sie verschied am Dienstag in einer Institution in Zürich, wie das Plattenlabel Intakt Records der Nachrichtenagentur Keystone-SDA auf Anfrage mitteilte.
Die 1941 in Schaffhausen geborene Schweizer zählte zu den prägenden Persönlichkeiten des modernen Jazz. Vom Dixieland im elterlichen Restaurant hatte es die Autodidaktin zum Free Jazz auf den Bühnen der Welt gebracht. So trat sie unter anderem in Berlin, Tokio, New York, London und Amsterdam auf.
Die Pianistin und Schlagzeugerin erkundete in den 1960er-Jahren die Zürcher und Londoner Jazz-Szene. Zusammen mit dem Schweizer Schlagzeuger Pierre Favre setzte sie wichtige Impulse im Bereich des Free Jazz und des improvisierten Klavierspiels. «Meine Musik hat eine gewisse Power, die sehr direkt ist», sagte Schweizer einmal. «Wenn es funkt, wissen die Leute sofort, um was es geht.»
Spitze der europäischen Avantgarde
Sie spielte sich an die Spitze der europäischen Avantgarde. Einige wandten sich aber auch von Schweizer ab, weil sie der Ansicht waren, jetzt gehe sie zu weit (und Free Jazz sei weder Jazz noch Musik). Ihre inspirierten und brillanten Improvisationen rissen das Publikum immer wieder zu Ovationen hin.
Schweizer stand im Laufe ihrer Karriere mit zahlreichen Topstars der Szene auf der Bühne, darunter Andrew Cyrille und Han Bennink. «Ich habe mit vielen der besten Jazzmusiker weltweit gespielt, vor allem auch mit vielen Afroamerikanern. Dass mich diese Musiker akzeptierten, macht mich schon ein bisschen stolz», sagte sie der WOZ anlässlich ihres 75. Geburtstags.
Schweizer veröffentlichte zahlreiche Solo- und Duo-Alben. Zudem engagierte sie sich für die musikalische Frauenbewegung Europas. Sie war Mitbegründerin des Taktlos-Festivals, der Werkstatt für Improvisierte Musik Zürich (WIM) und des Jazz-Labels Intakt.
Feminist Improvising Group: Eine Antwort auf das männliche Jazz-Revier
Jazz war, sah man von den Sängerinnen ab, die von Anfang an eine führende Rolle spielten, ein männliches Revier. Den reinen Männerbands, fand Irène Schweizer, müsse man eine reine Frauenband entgegenstellen. Das war die Zeit der Feminist Improvising Group (FIG), an der sie massgebend beteiligt war.
Damit verlor sie ein paar weitere Fans, denen ihre feministischen Statements zu radikal waren. In diese Zeit fällt auch ihr offenes Bekenntnis zur Homosexualität. Ihr letztes grosses öffentliches Konzert gab Schweizer im Juli 2019 am Festival Konfrontationen im österreichischen Nickelsdorf. Ein Duo mit dem amerikanischen Schlagzeuger Hamid Drake, das inzwischen unter dem Titel «Celebration» auch als CD veröffentlicht wurde.
Im Sommer 2021 hatte sich Schweizer kurz nach ihrem 80. Geburtstag aus gesundheitlichen Gründen vom Konzertbetrieb zurückgezogen. Sie verzichte auf grosse Reisen und Auftritte auf grossen Bühnen. Schweizer wurde in ihrer Karriere mit mehreren Kulturpreisen geehrt. Unter anderem erhielt sie den Sonderpreis der deutschen Schallplattenkritik, die Kunstpreise der Stadt Zürich (1991) und des Kantons Zürich (2018) sowie den Schweizer Grand Prix Musik (2018).