Iseltwald BE kämpft mit Drehkreuz gegen Touristen-Flut
Iseltwald BE platzt wegen koreanischen Touristen aus allen Nähten. Geld geben nur wenige von ihnen aus. Die Gemeinde will mit einem Drehkreuz dagegenhalten.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Dorf Iseltwald BE wird wegen einer Netflix-Serie von asiatischen Touris überflutet.
- Die Bustouristen kommen im Dorf nicht allzu gut an. Sie lassen kaum Geld im Ort liegen.
- Die Gemeinde will nun gar ein Drehkreuz installieren – der Selfie-Steg, soll kosten.
Südkoreanische Touristen sorgen für Tohuwabohu im beschaulichen 420-Seelen-Dorf Iseltwald BE. Konkret geht es um den Bootssteg am Brienzersee. Genau dort verliebt sich in der Netflix-Serie «Crash Landing on You» ein nordkoreanischer Militär in eine südkoreanische Unternehmerin.
Weniger Cars – aber mehr Postautos
Dieses Liebesspektakel zieht viele Fans ins Dorf, die meisten werden in Bussen herchauffiert. Entweder mit Postautos oder Reisecars.
Erstere fahren wegen der gestiegenen Nachfrage öfter, letztere nach einem Eingriff der Gemeinde seltener. Diese hat als Antwort auf die Touristenströme die erlaubte Zahl an parkierten Bussen pro Tag auf vier reglementiert.
Die Zeitslots für parkierende Busse sind seit März auf zwei Stunden beschränkt. Nicht viel Zeit, um im Dorfladen einzukaufen oder sich im Restaurant zu vergnügen. Also ab auf den Steg, Foto schiessen, Video drehen, und dann schleunigst zurück nach Interlaken.
Ein Drehkreuz soll endlich Geld einbringen
Viel Geld bleibt da nicht hängen im kleinen Iseltwald. Und genau daran dürften sich viele in der Gemeinde stören. Zumindest fragt sich Gemeindepräsident Peter Rubi im letzten «Gmeinds-Blettli», was dieser Tourismus dem Dorf überhaupt bringe. Und ob weniger nicht doch mehr wäre.
Gegen ersteres reagiert die Gemeinde nun – und zwar mit einem Drehkreuz. Ein solches soll laut der «NZZ am Sonntag» schon bald den Zugang zum Steg versperren. Touristen müssen bezahlen, um zum Selfie-Steg zu kommen.
Wer Einlass begehrt, muss fünf Franken zahlen. Weitere Infos gibt es bisher nicht. Der Gemeinderat hüllt sich bis zur Gemeindesitzung am Donnerstagabend in Schweigen. Auch auf Anfrage von Nau.ch
Hotel: «Sehr viele kleine Gruppen und individualreisende Asiaten»
Allerdings gibt es auch positive Stimmen zum Iseltwalder Tourismus aus Fernost. Susanne Abegglen betreibt zusammen mit Sascha Abegglen das Hotel «Chalet Du Lac».
Sie sagt: «Auch wir müssen unsere Zimmer füllen, ob sie belegt sind mit Schweizern oder Gästen aus dem asiatischen Raum. Und das ist der Unterschied zur restlichen Meinung im Dorf.»
Abegglen erklärt: «Wir haben sehr viele kleine Gruppen und individualreisende Asiaten.» Der Anteil an Schweizer Gästen liege etwa bei 60 Prozent. Bustouristen habe man nicht bei sich im Haus. Man hoffe, dass diese später als Individualtouristen zurückkehrten und «mehr Zeit hier verbringen».
Hotel zeigt Verständnis für «überforderte» Gemeinde
Dass die neuste Massnahme – das Drehkreuz – etwas bringen soll, bezweifelt Abegglen. Sie gehen davon aus, dass die Touristen auf die anliegenden Stege «abwandern», statt die fünf Franken zu bezahlen.
«Wir verstehen aber die Gemeinde, dass Sie mit der Überflutung an asiatischen Gästen überfordert ist und versucht, Lösungen zu finden», sagt Abegglen. Sie merkt an, dass die Touristen auch Kosten für die Gemeinde verursachen. Etwa für die Wartung des Stegs oder die Abfallentsorgung.
Zur Zukunft des Drehkreuzes sagt Abegglen: «Wir werden sehen, was passiert.»