«Junge wollen nichts mehr geben!»: Gen Z hat Probleme in Vereinen
Kurzfristige Absagen, wenig sozialer Austausch, Leistungsorientierung – Hat die Gen Z einfach keinen Bock mehr auf Vereinsleben?
Das Wichtigste in Kürze
- Sport-Trainer berichten von fehlendem Commitment im Vereinsleben bei der Gen Z.
- Die sportliche Leistung, nicht das Vereinsleben stehen für die Gen Z im Zentrum.
- Jungen ist eine Mischung aus ambitioniertem Sport und Sozialleben wichtig.
«Die Jungen wollen nichts mehr geben!», sagt der Basler Fussball-Trainer Axel F.* frustriert. Das Trainingsweekend seiner Sprösslinge gibt dem 26-jährigen Trainer zu denken.
Schon wieder hat sich jemand kurzfristig abgemeldet. So könne doch kein Teamgefühl aufgebaut werden, sagt der Trainer, der sich schon jahrelang für seinen Verein engagiert.
«Viele sehen ihr Engagement im Sportverein leistungsorientiert. Was zählt, ist, ob das Spiel gewonnen wird oder nicht. Der soziale Aspekt, also Teil eines Vereinslebens zu sein, fällt oft hinten runter», sagt Axel zu Nau.ch. Spielt das traditionelle Vereinsleben für junge Menschen eine kleinere Rolle mehr?
Vereine in unterschiedlichen Lagen
Nicola Ryser, Kommunikationsverantwortlicher des Zürcher Kantonalverbands für Sport (ZKS), sieht solche Entwicklungen in den Zürcher Vereinen. Der Sport sei nach wie vor beliebt, das Vereinsleben habe aber in den letzten Jahrzehnten an Bedeutung verloren.
Ryser sagt: «Sehr gut zu beobachten ist dies bei der Besetzung von Ehrenämtern in den Vereinen, wo sich, abhängig von der Sportart, nur schwer junge Nachfolgerinnen und Nachfolger finden lassen.»
Anders klingt es bei Corinne Breuhann vom Berner Verein Volley Köniz. Den Leistungstrend würde der Verein aber spüren und biete deshalb Breitensport sowie professionelle Angebote im Leistungsbereich an.
Beim Vereinsengagement sieht es hier sehr gut aus: «Bei Volley Köniz konnten wir auch viele unter 20-jährige Spielerinnen als Trainerinnen gewinnen, die sich aus- und weitergebildet haben und sich stark engagieren.»
Was sagt die Gen Z, die Sport macht?
Und was sagen die Jungen selbst? Angela B.* ist 21 und spielt Fussball in Graubünden. Fussball sei zentral in ihrem Leben und sie sei sehr ambitioniert. Sie schätze den Austausch zwischen den Generationen in ihrem Verein, und habe viel lernen und viele Freundschaften schliessen können.
Die sportliche Leistung steht für die Fussballerin trotzdem an erster Stelle, bestätigt sie: «Die sportlichen Ziele und das Leistungsniveau müssen passen. Das Team kann noch so lustig sein – wenn sie auf einem sportlich zu tiefe Niveau spielen, dann gefällt es mir nicht.»
Doch es gibt auch andere, junge Stimmen. Chiara Z.* hat sich acht Jahre in einem Aargauer Volleyballverein engagiert. So habe sie regelmässig trainiert, in der Saison wöchentlich Matches gespielt und sei als Schiedsrichterin tätig gewesen.
Chiara sieht ganz klar, dass das soziale Wohl für das Team wichtig ist: «Schlussendlich ging es darum, sich als Team weiterzuentwickeln und dafür braucht es oft nicht nur sportliches Training.»
So sieht es der Gen-Z-Experte
Gen-Z-Experte Rüdiger Maas bestätigt den Trend zur sportlichen Leistung, die einige dem sozialen Aspekt überordnen. Anders als früher – da habe ein Verein sowohl sozial- als auch sportlich-motivierte Menschen zusammengebracht.
Doch Maas nimmt die Jungen auch in Schutz. Generell sei die Gen Z sogar eher sozial motiviert als ältere Generationen. Aber: Aufgrund des Überflusses an Freizeitaktivitäten seien heute eher ambitionierte Sportler mit Leistungsfokus im Sportverein.
In vielen Vereinsstrukturen würden Alte die Ehrenämter besetzen. Die jüngere Generation sei nicht mehr so einfach einzubauen. «Vor zwanzig Jahren waren die Unterschiede zwischen Jung und Alt noch nicht so gross. Der Nachwuchs hat die bestehenden Strukturen akzeptiert», so Maas.
Ein Ehrenamt sei eine Verpflichtung, die man früher zum Teil lebenslänglich eingegangen sei. Heute könnten sich die jungen Menschen nicht so binden, auch auf wenige Jahre nicht.
Laut Maas ist die Gen Z unverbindlich und flexibel: «Sie passen sich laufend an neue Möglichkeiten an.» Für ihr Umfeld sei das kein Problem, da alle gleich ticken würden.
«Dieses Verhalten würden die Älteren auch nutzen, hätten sie die Möglichkeit gehabt.» Sowohl in Vereinen als auch im Job fehle den älteren Generationen die «Effizienz-betriebene» Art der Gen Z.
Und was ist die Lösung für Vereine, die unter den Jungen leiden? Nicola Ryser vom ZKS glaubt, die Vereinsstrukturen könnten weniger verbindlich werden. «Beispielsweise, indem man ein Ehrenamt auf mehrere Mitglieder aufteilt sowie projektbezogen arbeitet.»
*Namen von der Redaktion geändert