Käpsli-Attacke von Kind auf Fasnächtler: «Neue Dimension»
Ein Kind feuerte eine Käpslipistole direkt neben dem Ohr eines Guggenmusikers ab. Ein Gewaltexperte spricht von einer massiven Grenzüberschreitung.

Das Wichtigste in Kürze
- Ein Kind hielt einem Guggenmusiker eine Käpslipistole unter die Maske und drückte ab.
- Der Musiker erlitt kurzzeitig einen Hörverlust.
- Experten sehen eine ernste Grenzüberschreitung und betonen die Bedeutung der Erziehung.
Schreckmoment für die Gugge Chrumm Durm Sumpf Chroniker in Solothurn: Während des Sonntagsumzugs erlitt ihr Sousafonspieler einen Hörverlust, als ein Kind ihm eine Käpslipistole unter die Maske hielt und abdrückte.
Auf einen Schlag habe sein Kollege nichts mehr gehört, sagte Gugge-Präsident Thomas Wirth der «Solothurner Zeitung».
Zwar überlegte man kurz, die Notfallstation aufzusuchen, doch der Musiker erholte sich rasch – ein unangenehmes Pfeifen im Ohr blieb.
«Neue Dimension»
Trotz des Vorfalls spielte er bereits am nächsten Tag wieder mit. «Wir haben Glück gehabt», sagt Wirth und fügt scherzhaft hinzu: «Die Fasnachtsgötter sind mit uns.»
Eine Anzeige wird der Musiker nicht erstatten.
Wirth hat in seiner Fasnachtskarriere noch keinen solchen Vorfall erlebt. «Das ist leider eine neue Dimension», sagt er. Die Hemmschwelle sei niedriger geworden, immer mehr Leute würden auf der Umzugsstrecke gehen oder stehen.
«Zu wenig Grenzen aufgezeigt»
Gegenüber Nau.ch spricht Gewaltberater François Burri von einer «massiven Grenzüberschreitung», die man keineswegs verharmlosen dürfe.
«Klar, der Geschädigte hat ‹nur› ein Ohrensäuseln erlitten. Aber wenns ein Tinnitus ist, bleibt dieser Ton über Jahre hinweg im Ohr.»
Zudem schliesst Burri nicht aus, dass sich der Vorfall traumatisch auf den Guggenmusiker auswirkt: «Wenn mir jemand aus Spass so nahe kommt und neben meinem Ohr eine Pistole abfeuert, kann das auch etwas sehr Beunruhigendes haben.»
Doch warum tut ein Kind so etwas? «Es hat sicher nicht gewusst, was es tut – hoffe ich zumindest», sagt Burri.
«Ich kann mir vorstellen, dass ihm zu Hause zu wenig Grenzen aufgezeigt wurden.» Denkbar sei auch, dass das Kind zu wenig Aufmerksamkeit erhalte.
«Kinder kennen mögliche Konsequenzen nicht»
Auch Fabian Ilg, Geschäftsleiter der Schweizerischen Kriminalprävention (SKPPSC), hält fest: «Kinder testen Grenzen aus und kennen mögliche Konsequenzen nicht.»
Zwar könnten die Dynamik eines lauten Anlasses sowie Videospiele oder Gewaltdarstellungen auf Social Media das Verhalten eines Kindes durchaus beeinflussen.
Viel wichtiger seien aber die Erziehung und die soziale Umgebung. «Und dass Kindern frühzeitig Empathie und Verantwortungsbewusstsein vermittelt werden», so Ilg.
In diesem Zusammenhang seien Eltern gefordert, «Kindern zu lehren, zwischen Spiel und gefährlichem Verhalten zu unterscheiden».