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«Katastrophal»: Bauern warnen vor geplantem Pestizid-Verbot

Riccardo Schmidlin
Riccardo Schmidlin

Bern,

Schweizer Bauern schlagen Alarm: Ein geplanter Rückzug von Pflanzenschutzmitteln gefährde die Lebensmittelsicherheit.

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Der Bund plant bei einem EU-Verbot von Pestiziden mitzuziehen – das macht Bauern hässig. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Bauern warnen vor «katastrophalen Auswirkungen» bei einem geplanten Pestizid-Verbot.
  • Der EU-Entscheid könnte zu Ernteverlusten und Wirtschaftseinbussen führen.
  • Der Rückzug der Wirkstoffe bedrohe die landwirtschaftliche Produktion in der Schweiz.

Vor «katastrophalen Auswirkungen» warnt der Schweizer Bauernverband bei der geplanten Änderung der Pflanzenschutzmittel-Verordnung. Insgesamt will das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) sechs Wirkstoffe vom Markt nehmen.

Grund für den geplanten Entscheid: Die Europäische Union (EU) will die Genehmigung der Stoffe nicht erneuern. Deshalb soll die Genehmigung nun auch in der Schweiz gestrichen werden.

Nicolas Wermeille, der den Geschäftsbereich Pflanzenbau beim Bauernverband verantwortet, erklärt Nau.ch: «Der Pflanzenbau als Ganzes ist betroffen.»

Bauern warnen vor Lücken bei Schädlingsbekämpfung

Durch den geplanten Entscheid entstehen Lücken beim Pflanzenschutz. In zahlreichen Bereichen gebe es dann kein zugelassenes Mittel zur Schädlingsbekämpfung mehr.

Er warnt: «Ohne wirksame Präventions- und Schutzmassnahmen drohen grosse Ernteverluste bis hin zu Totalausfällen.» Die Auswirkungen auf die Erträge und die Wirtschaftlichkeit seien immens.

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Konkret geht es unter anderem um das Insektenvernichtungsmittel Spirotetramat. Die weitreichenden Folgen eines Wegfalls des Wirkstoffs anerkennt auch das BLV in seinem Erläuterungsbericht. «Der Wegfall von Spirotetramat hat daher einschneidende Konsequenzen für die landwirtschaftliche Produktion auf breiter Linie», heisst es dort.

So gebe es künftig etwa keinen Wirkstoff mehr gegen die Schildläuse, die Heidelbeeren oder Johannisbeeren befallen. Oder der Baby-Leaf- und der Chicorée-Salat wären künftig der Salatwurzellaus ausgesetzt. Gleiches gilt auch für die Schädlinge, die Birnen, Rüebli, Knollenserie oder Reben befallen.

Bauern müssen wegen EU auf Pestizide verzichten

Grund für den Rückzug der EU bei Spirotetramat ist aber nicht etwa, weil dieses als bienenschädlich gilt. Die Begründung liegt in der technischen Natur – es wurde kein Erneuerungsgesuch für die Zulassung eingereicht.

Beim Unkrautbekämpfungsmittel Asulam, das auch zu den sechs möglicherweise bald verbotenen Pestiziden gehört, ist es anders: Der Wirkstoff weist ein hohes Langzeitrisiko für Vögel und Säugetiere auf und könnte womöglich auch das Hormonsystem des Menschen schädigen.

Nicolas Wermeille vom Bauernverband verweist darauf, dass seit 2005 209 Wirkstoffen die Zulassung entzogen wurde. «Wobei die Neuzulassungen die Entzüge weder in der Zahl noch in der Wirkung ausgleichen konnten.»

Bauern warnen vor Pestizid-Resistenzen

Selbst wenn in manchen Bereichen noch Wirkstoffe zugelassen sind, reiche dies nicht aus. «Chemischer Pflanzenschutz funktioniert längerfristig nur durch den regelmässigen Wechsel von Wirkstoffgruppen», so Wermeille.

Denn: Sonst drohen Resistenzen, warnen die Bauern. «Was bei der Humanmedizin im Bereich der Medikamente eine Selbstverständlichkeit ist, bleibt dem Pflanzenschutz zunehmend verwehrt.» Mit Blick auf die pflanzliche Produktion und die Ernährungsmittelsicherheit sei das «verantwortungslos».

Langfristiges Problem für Bauern

Dass das Problem langfristig bestehen werde, bestätigt Robert Finger, Agrarökonom von der ETH Zürich. «Es werden auch in Zukunft nicht in gleichem Masse neue Wirkstoffe hinzukommen, wie Wirkstoffe verschwinden», prognostiziert der Wissenschaftler.

In einigen Bereichen des Pflanzenschutzes werden nicht so viele neue Mittel auf den Markt gebracht, wie verschwinden. «Ausserdem sehen wir, dass die Herausforderungen im Pflanzenschutz stetig zunehmen, unter anderem durch den Klimawandel

Machst du dir Sorgen über die Ernährungssicherheit in der Schweiz?

Es brauche daher grundsätzlich andere Ansätze, um Kulturen zu schützen. «Zum Beispiel durch mechanische oder biologische Ansätze, aber auch durch den vermehrten Einsatz robuster Sorten.» Insgesamt sei ein grundlegender Umbau der Agrarsysteme unabdingbar, um den Krankheits- und Schädlingsdruck zu reduzieren.

Die Vorschläge zur Änderung der Pflanzenschutzmittel-Verordnung sind aktuell in Konsultation. Der definitive Entscheid ist noch nicht getroffen. Ein allfälliges Verbot würde Mitte 2025 in Kraft treten.

Kommentare

User #2031 (nicht angemeldet)

Jaja, ohne gift muss der bauer vom bock steigen und selber unkraut ausreissen.

User #8558 (nicht angemeldet)

Schlimm finde ich, dass die EU 10 Monate vor der Schweiz reagiert! Wenn man bedenkt, wie träge dieser Bürokraten-Berg reagiert, dann frage ich mich erst recht, weshalb die Schweiz erst so spät reagiert. Uns immer vormacht, wie gesund doch unsere Schweizer Produkte sind und uns dann doch im Regen stehen lassen, um die Pharmaindustrie mit allen Mitteln zu schützen. Uns vielmehr bei vollem Bewusstsein nicht sagen wollen, in welchen Gemeinden oder Kantonen unser Trinkwasser verseucht ist. Geld regiert die Welt und im besonderen Maße die Schweiz - traurig.

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