Kinder und Jugendliche schwänzen immer häufiger die Schule
Schulen kämpfen immer häufiger häufiger mit Absentismus. Eine Entwicklung, die Fachpersonen unter anderem mit der Corona-Pandemie in Verbindung bringen.
Das Wichtigste in Kürze
- Corona und Ängste führen zu einem Anstieg von Schulabsentismus.
- Umfragen zeigen: Mädchen schwänzen häufiger Unterricht.
- Die betroffenen Schülerinnen und Schüler leiden oft unter psychischen Störungen
Immer häufiger schwänzen Kinder und Jugendliche die Schule für Stunden, Tage oder noch länger. Das stellen nicht nur die Fachleute fest. Das sagen auch die Bildungsdirektionen vieler Kantone in einer Umfrage der «NZZ am Sonntag».
Von 17 antwortenden Kantonen bestätigen 14 eine Zunahme des Schulabsentismus. «Die Fälle von längerer Schulabwesenheit häufen sich seit der Corona-Pandemie», schreibt etwa die Dienststelle Volksschulbildung des Kantons Luzern.
Das Erziehungsdepartement Basel-Stadt schreibt von einer «Zunahme von Fällen von Kindern und Jugendlichen mit Verunsicherung bis hin zu Ängsten». Fachpersonen sind sicher, dass das vermehrte Schulschwänzen mit der schlechteren psychischen Gesundheit der Kinder und Jugendlichen zu tun hat.
Zahlen zeigen besorgniserregende Trends
In einer Gesundheitsbefragung der Stadt Zürich wurde Folgendes festgestellt: Dass im Schuljahr 2022/23 etwa zehn Prozent der Mädchen und sechs Prozent der Jungen mehrmals Unterrichtsstunden geschwänzt haben. Ganze Tage blieben sogar sieben Prozent der Mädchen und fünf Prozent der Jungen fern. Besonders auffällig ist der Anstieg bei den Mädchen im Vergleich zu einer Befragung fünf Jahre zuvor.
Die genaue Ausbreitung des Schulabsentismus ist jedoch unklar, da es kaum statistisch erfasst wird. Doch auch Daten aus der Pisa-Studie deuten auf einen Anstieg des Schuleschwänzens hin.
Ängste und Corona als Hauptgründe
Fachleute sehen zwei Hauptgründe für den Schulabsentismus: Ängste und die Nachwirkungen von Corona. Elsbeth Freitag, Vizedirektorin des Schulpsychologischen Dienstes des Kantons St. Gallen, erklärt gegenüber der «NZZ am Sonntag»: Ängste und Mobbing sei bei betroffenen Kindern oft ausschlaggebend.
Social Media verschärfe die Situation zusätzlich. Denn dadurch hört Mobbing nicht mehr auf, wenn der Schultag vorbei ist.
Zudem habe die Corona-Pandemie gezeigt, dass die Schulpflicht nicht mehr unantastbar ist. Eine Erkenntnis, die auch systemkritische Eltern teilen könnten. Freitag bemerkt zudem eine Veränderung im Umgang mit schwierigen Situationen: «Absentismus ist für einen Teil der Jugendlichen eine Form der Problemlösung geworden», so Freitag.
Schülerinnen und Schüler leiden oft unter psychischen Störungen
Studien zeigen, dass neun von zehn Schülern, die vom Absentismus betroffen sind, auch unter einer psychischen Störung leiden.
Forschungen zeigen zudem einen starken Zusammenhang zwischen Schulabsentismus und familiären Problemen wie Armut oder psychischen Erkrankungen der Eltern. Aber auch schulische Bedingungen wie Über- oder Unterforderung können dazu beitragen.