Königsfelden: Medikamente-Tests an Psychiatrie-Patienten

Keystone-SDA
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Aarau,

In Königsfelden AG wurden im vergangenen Jahrhundert Versuche mit Medikamenten an Menschen durchgeführt.

Kloster Königsfelden
Auch im Kloster Königsfelden im Kanton Aargau wurden an Patienten ohne deren Einverständnis nicht zugelassene Medikamente getestet. Die Archivaufnahme stammt aus dem Jahr 1962. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • An Hunderten Patienten wurden Versuche mit nicht zugelassenen Präparaten durchgeführt.
  • Gemäss dem Bericht hätten die Psychopharmaka oftmals Nebenwirkungen gehabt.
  • Todesfälle in direkter Folge von Medikamententests seien nicht bekannt.

Die Psychiatrische Klinik Königsfelden im Aargau war früher besser bekannt als Kloster Königsfelden. Von 1950 bis 1990 wurden an mehreren Hundert Patienten Versuche mit nicht zugelassenen Medikamenten vorgenommen. Damals interessierten sich die Behörden nicht für das Thema.

Keine Todesfälle in Königsfelden

Es handle sich grösstenteils um 31 Präparate, die zur Zeit der Verschreibung (noch) nicht zugelassen gewesen seien. Dies heisst es in einer Untersuchung des Instituts für Medizingeschichte der Universität Bern.

Das Institut nahm rund 830 Patientendokumentationen zwischen 1950 und 1990 unter die Lupe. Die Untersuchung im Auftrag des Regierungsrats wurde am Mittwoch den Medien vorgestellt.

Mehrere Hundert Patientinnen und Patienten wurden gemäss Untersuchung mit solchen Medikamenten im Kloster Königsfelden behandelt. Die Psychopharmaka hätten oftmals Nebenwirkungen gehabt. «Traten diese in massiver Form auf, wurden Versuchsbehandlungen in der Regel abgebrochen. Todesfälle in direkter Folge von Medikamententests sind nicht bekannt», heisst es im Bericht.

Keine bestimmte Patientengruppe gezielt ausgewählt

Es gebe keine Hinweise darauf, dass bestimmte Patientengruppen besonders häufig von Medikamentenversuchen betroffen gewesen seien. Zwar seien Betroffene von fürsorgerischen und medizinischen Zwangsmassnahmen in Versuche involviert gewesen. Sie seien jedoch nicht gezielt dafür ausgewählt worden.

Vor den 1980er-Jahren gibt es keine schriftlichen Belege dafür, dass die Patientinnen und Patienten umfassend über klinische Versuche informiert wurden. Die Möglichkeit, ihr Einverständnis zu geben oder eine Behandlung abzulehnen scheint nicht vorhanden gewesen zu sein.

Wie an anderen Schweizer Kliniken fanden die Medikamentenversuche in Königsfelden in einem rechtlichen Graubereich statt. Erst ab den 1970er-Jahren wurden die Versuch reguliert. Daraus dürfe jedoch nicht geschlossen werden, dass die Versuche aus damaliger Sicht unproblematisch gewesen seien, schreibt Studienautor Urs Germann.

Versuche waren kein Geheimnis

Dass in Königsfelden nicht zugelassene Medikamente getestet wurden, war weder innerhalb der Fachöffentlichkeit noch in Verwaltung und Politik ein Geheimnis.

Gleichzeitig zeige sich, dass die Instanzen ihre Kontrollaufgaben bis in die 1980er-Jahre «äusserst locker und oberflächlich» interpretiert hätten. Die Instanzen hätten dem Kloster Königsfelden grösstmögliche Autonomie zugestanden und im Gegenzug auf deren Kompetenz vertraut. Finanzielle Interessen der Klinik seien vermutlich eher gering gewesen.

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