Kontrollen an Schweizer Grenze führen zu mehr Verhaftungen
Das Wichtigste in Kürze
- Deutschland führt seit letztem Oktober an der Grenze zur Schweiz mehr Kontrollen durch.
- Dies hat einen klaren Effekt – es werden mehr Täter verhaftet.
- Allerdings werden Schwerverbrecher hiermit nicht regelmässiger ertappt.
Die Wiedereinführung regelmässiger Kontrollen an der deutsch-schweizerischen Grenze hat zu einer deutlichen Zunahme von Haftbefehlsvollstreckungen geführt.
Laut Angaben der deutschen Bundespolizei wurden seit Beginn der Kontrollen im Oktober 2023 bis Juni 2024 insgesamt 889 Haftbefehle vollstreckt. Dies ist ein Anstieg um zwei Drittel im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, berichtet das «St. Galler Tagblatt».
Können sich Politiker, die sich für mehr Kontrollen aussprechen, also bestätigt fühlen? Nicht unbedingt.
Denn: Haftbefehl ist nicht gleich Haftbefehl. In Deutschland gibt es zum Beispiel rund 173'000 offene Fälle (Stand: 1. Juli). Im Jahr 2023 wurden etwa 142'000 Haftbefehle erledigt – fast 400 pro Tag.
Geldstrafen werden zu Haftstrafen
Grund dafür ist, dass in Deutschland Geldstrafen in Haftstrafen umgewandelt werden können. Zum Beispiel, wenn jemand wegen einer weniger schweren Tat zu einer Busse verurteilt wird und diese nicht rechtzeitig bezahlt. Dann muss die Person stattdessen ins Gefängnis.
Und dann gibt es noch Haftbefehle gegen Menschen, die eine Gefängnisstrafe nicht angetreten haben oder aus ihr geflüchtet sind. Sowie internationale Haftbefehle und Anordnungen zur Untersuchungshaft.
Weder das Bundeskriminalamt (BKA) noch die Bundespolizei können genaue Angaben dazu machen, wie viele der Vollstreckungen eine Ersatzhaft beinhalteten.
Eine Analyse aller an der Konstanz-Kreuzlingen-Grenze vollstreckten Fälle zeigt aber, dass die meisten aufgrund von nicht bezahlten Geldstrafen verhängt wurden. Die häufigsten Delikte waren dabei Fahren ohne Fahrerlaubnis (sieben Fälle), Diebstahl (sechs Fälle) und Betrug (sechs Fälle).
Schwerverbrecher werden auf diesem Weg also kaum gestellt.
Migranten spielen untergeordnete Rolle
Auch zeigt eine Auswertung, dass der Grossteil der Täter aus Europa stammt. Genauer gesagt 1464 von insgesamt 1917. Die häufigsten Herkunftsländer sind Deutschland (447 Fälle), Rumänien (250 Fälle) und Polen (104 Fälle).
Migranten spielen an der Schweizer Grenze demnach eine sehr untergeordnete Rolle. So wurde seit Anfang 2022 nur gegen 25 Afghanen, 18 Syrer, 14 Iraker und sieben Iraner ein Haftbefehl vollstreckt.
Braucht es an der Schweizer Grenze regelmässige Kontrollen?
Durch die Grenzkontrollen müssen sich aber durchaus mehr Täter ihren Strafen stellen. Bundeskanzler Olaf Scholz plant sie also so lange wie möglich fortzuführen. «Sie haben sich auch als effizient erwiesen», sagt er. Laut der jüngsten Überarbeitung des Schengener Grenzkodex bedeutet das eine Dauer von maximal drei Jahren.