Kreisgericht St. Gallen lehnt Verwahrung eines Vergewaltigers ab
Ein 31-jähriger Mann, der eine Frau vergewaltigt hat und dafür zu 7,5 Jahren Haft verurteilt wurde, wird nicht verwahrt. So der Entscheid des Kreisgerichts.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein brutaler Vergewaltiger aus St. Gallen werde nach 7,5 Jahren Haft nicht verwahrt.
- Es gebe bei der Therapie Fortschritte, urteilt das Kreisgericht.
Ein in der Schweiz aufgewachsene kroatische Staatsangehörige hatte vor rund sieben Jahren im Westen der Stadt St. Gallen eine Frau brutal vergewaltigt. Er schlich sich im Dunkeln von hinten an, als sie mit einem Hund einen kurzen Spaziergang machte. Der Mann würgte sein Opfer fast bis zur Bewusstlosigkeit und missbrauchte die Frau mehrmals. Dabei stiess er immer wieder Todesdrohungen aus.
Das Kreisgericht St. Gallen verurteilte ihn 2013 wegen qualifizierter Vergewaltigung, sexueller Nötigung und Gefährdung des Lebens zu einer Freiheitsstrafe von 7,5 Jahren. Gleichzeitig ordnete es eine stationäre Massnahme nach Artikel 59 – die sogenannte «kleine Verwahrung» – an.
Inzwischen befindet sich der Mann seit rund sechs Jahren zuerst im vorzeitigen Strafvollzug und später im Massnahmenvollzug. Im März 2020 wird er seine Strafe abgesessen haben und in seine Heimat Kroatien abgeschoben. Im vergangenen Juni beantragte das Sicherheits- und Justizdepartement beim Kreisgericht St. Gallen einer Verwahrung des Vergewaltigers.
Deutliches Rückfallrisiko
Der Beschuldigte habe die gerichtlich angeordnete therapeutische Massnahme immer wieder unterbrochen, sagte der Staatsanwalt heute Dienstag vor Gericht. Auch ein psychiatrisches Gutachten vom Mai dieses Jahr gehe von einem hohen Risiko erneuter Gewalt- und Vergewaltigungsdelikten aus.
Zurzeit zeige sich der Beschuldigte nicht motiviert zu einer weiteren stationären Behandlung. Es sei aber nicht auszuschliessen, dass er später dazu bereit sei.
Der psychiatrisch-psychologische Dienst Zürich spreche zwar von Fortschritten in der Therapie, halte aber auch fest, dass das Rückfallrisiko für Sexualdelikte als moderat bis deutlich einzuschätzen sei.
Die Voraussetzung für eine bedingte Entlassung seien damit nicht gegeben, betonte der Staatsanwalt. Das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung habe Vorrang, weitere Opfer schwerer Sexualdelikte müssten verhindert werden.
Keine richtige Chance bekommen
Der Verteidiger bezeichnete die Anordnung einer Verwahrung als unverhältnismässig. Faktisch bedeute dies für seinen Mandanten, dass er mit sechs Jahrzehnten im Strafvollzug rechnen müsse. Das gehe nicht an, zudem er ein einziges Mal eine schwere Straftat verübt habe.
Diese sei auf keinen Fall zu bagatellisieren, doch habe der Beschuldigte in der Therapie durchaus Fortschritte gemacht und auch die sechs Jahre im Strafvollzug seien nicht spurlos an ihm vorbeigegangen.
Der Beschuldigte erklärte, ihm sei bewusst, dass er eine schwere Straftat begangen habe, könne aber nicht über sie reden, weil es ihn zu sehr belaste. Er werde mit Sicherheit nie wieder gewalttätig werden. Die Therapie habe er zeitweise verweigert, weil man ihm keine richtige Chance gebe, sondern immer nur von Rückfallgefahr rede.
Nach einer allfälligen Entlassung werde er von seinem Vater unterstützt, da er selber die Sprache seines Heimatlandes kaum spreche. In Kroatien werde er zuerst Ferien machen und sich danach eine Arbeit suchen.
Therapiefortschritte ersichtlich
Das Kreisgericht St. Gallen lehnte den Antrag auf Verwahrung ab. Das Richtergremium erachte sie als unverhältnismässig, betonte der vorsitzende Richter. Die Fachleute attestierten dem Beschuldigten trotz Krisen Fortschritte während der Therapie.
Dem Gericht sei der Entscheid allerdings nicht leicht gefallen, da in den Gutachten und Berichte doch von deutlicher oder sogar hoher Rückfallgefahr gesprochen werde. Nichtdestotrotz könne keine Verwahrung ausgesprochen werden, wenn Therapiefortschritte ersichtlich seien.