Kümmertshausen-Berufungsprozess am Obergericht TG kann starten

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Frauenfeld,

Der bislang grösste Fall in der Thurgauer Justizgeschichte beschäftigt die Behörden bereits seit mehr als elf Jahren.

Obergericht Thurgau
Das Obergericht des Kantons Thurgau. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • 2010 war in einer Wohnung bei Kümmertshausen TG eine gefesselte Leiche gefunden worden.
  • Zum Tod des 53-jährigen IV-Rentners geführt hatte die Knebelung des Mannes.
  • Nun startet der Berufungsprozess zu dem Fall.

Vor dem Obergericht des Kantons Thurgau hat am heutigen Mittwoch der Berufungsprozess im Fall Kümmertshausen begonnen. Der bislang grösste Fall in der Thurgauer Justizgeschichte beschäftigt die Behörden bereits seit mehr als elf Jahren.

Im November 2010 war in einer Wohnung bei Kümmertshausen TG die gefesselte Leiche eines 53-jährigen IV-Rentners aufgefunden worden. Zum Tod geführt hatte die Knebelung des Mannes. Die Ermittlungen gestalteten sich aufwendig und zogen immer weitere Kreise. 2017 schliesslich standen 14 Mitglieder einer internationalen kriminellen Bande vor dem Bezirksgericht Kreuzlingen.

Die Verhandlungen dauerten mehr als ein Jahr. Im März 2018 eröffnete das Bezirksgericht die Urteile. Der Bandenchef, ein heute 52-jähriger Iraker, wurde zu einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt. Vom Vorwurf der Anstiftung zur Tötung des IV-Rentners wurde er freigesprochen. Eine Verwahrung, wie die Staatsanwaltschaft sie forderte, ordnete das Gericht nicht an.

«Kronzeuge» habe Tod des IV-Rentners in Kauf genommen

Schuld am Tod des IV-Rentners hatte laut den Richtern ein heute 43-jähriger Türke, der in der Untersuchung als «Kronzeuge» galt. Er kassierte 7,5 Jahre. Er habe zwar nicht selbst Hand angelegt, habe aber auch nichts unternommen, um den Mann zu retten. Er habe dessen Tod in Kauf genommen.

Weitere Verurteilungen gab es wegen verschiedener Delikte wie Erpressung, Widerhandlung gegen das Waffen-, das Betäubungs- und andere Gesetze. Bei einzelnen Vorwürfen kam es auch zu Freisprüchen. Einem der Männer sprach das Gericht eine Genugtuung für eine zu lange Haftdauer zu. Fünf Beschuldigte akzeptierten den erstinstanzlichen Entscheid. Einer starb während des Berufungsverfahrens.

Am Berufungsverfahren vor dem Obergericht sind insgesamt noch acht Beschuldigte beteiligt, ein Iraker, vier Türken, zwei Schweizer und ein Österreicher. Auch in der zweiten Instanz dürfte sich der Prozess aufgrund der vielen Beteiligten und Delikte über Monate hinziehen.

Verhandlungen mit erstem Beschuldigten

Am Mittwochmorgen startete die Verhandlung mit einem ersten Beschuldigten. Dem heute 51-jährigen Schweizer wird die Widerhandlung gegen das Waffengesetz vorgeworfen. In der ersten Instanz war er zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verurteilt worden.

Bereits im September 2021 war es im «Fall Kümmertshausen» zu einer ersten Verhandlung am Obergericht gekommen. Damals ging es um die Klärung diverser Fragen, etwa die Verwertbarkeit von Telefon- und Audioüberwachungen und dergleichen, was anschliessend an die Hand genommen wurde.

Zwei zu Beginn beteiligte Staatsanwälte wurden zudem selbst zu Beschuldigten. Ein Türke, der in erster Instanz mit einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 30 Monaten davonkam, hatte sie wegen mehrfachen Amtsmissbrauchs und Urkundenfälschung angezeigt. Die Verhandlung am Bezirksgericht Frauenfeld steht noch aus.

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