Künstler Hans Schweizer feiert 80. Geburtstag
Hans Schweizer wurde zum 80. Geburtstag im Kunstzeughaus Rapperswil-Jona eine Einzelausstellung gewidmet.
Die grosse Resonanz habe ihn überrascht, erzählt der Künstler während eines Besuchs in seinem Atelier im Appenzellerland. «Mont Rouge» nannte Hans Schweizer eine Serie von Gemälden, die jetzt in der Reihenfolge ihrer Entstehung im Atelier am Rotbach an die Wand gelehnt stehen.
Die Werkgruppe zeigt nicht etwa die südlich an die Hauptstadt Paris angrenzende Gemeinde mit gleichem Namen, sondern wuchtige Busse, die im St. Galler Quartier Rotmonten verkehren.
Die Bus-Bilder hingen auch im Kunstzeughaus Rapperswil-Jona, wo sie bis Anfang Mai in der Einzelausstellung «Hier und Anderswo» zu sehen waren. Die Präsentation von Schweizers Werken hätte bereits vor zehn Jahren im Kunstzeughaus eröffnet werden sollen. Doch die Ausstellung wurde abgesagt. Der Künstler wollte «aus persönlichen Gründen» nicht mehr. Zum 80. Geburtstag, den der Künstler am 24. Mai feiert, hat es geklappt.
«Ich sollte eigentlich Bauzeichner werden», sagt der Sohn eines Zimmermanns. Er habe für den Vater als Bub jeweils die Gebäude, an denen dieser arbeitete, abgezeichnet. Im Kinderzimmer im Toggenburg hatte er lebensgrosse Cowboys aufgehängt, die ihm zur Lehrstelle in St. Gallen verhelfen sollten. Als Abschlussprüfung musste der Dekorationsgestalter ein Schaufenster gestalten. Das Thema war Sport. Aus dem Kopf zeichnet Hans Schweizer ein Pferd, wie er es damals aus Papier modellierte.
Nach der Lehre zog es ihn nach Paris. In der Werkstatt von Jonny Friedlaender wurde der damals 20-Jährige mit der Radierung vertraut gemacht. «Ich begegnete damals auch Alberto Giacometti», so Schweizer. Von der Bildhauerei war er längst nicht so angetan wie sein Landsmann. «Als ich in Paris ankam, hatte ich keine Ahnung von Bildhauerei», erzählt er. Nachdem im Atelier von Robert Couturier eine Studentin geweint habe, habe der «Boss» gesagt: «Regardez le Suisse. Il ne sait pas non plus. Mais il le fait quand même.»
«War das Modell weg, war ich am Ende», erklärt der Künstler mit einem gewissen Schalk. Er beschränkte sich bei seinen Skulpturen auf wenige Grundtypen und variierte diese ausgiebig. Er sei dann aber lieber wieder in die Grafik zurückgegangen. «Ich habe kein Gefühl für Tiefe, sondern für Fläche.» Alle hätten Serigrafien gemacht. «Es ist in der Luft gelegen. Ich musste gar nicht lange überlegen.»
Die zehn Jahre Paris brachten Schweizer nicht nur ein Stipendium für Kanada, sondern gaben auch seiner Karriere einen Schub. Erste Einzelausstellungen und Preise folgten, ein längerer Aufenthalt in Berlin und Einladungen an internationale Biennalen. «Die Zeit in Frankreich - das Lebensgefühl von Freiheit - war für mich sehr prägend», erklärt der Maler.
«Selbst» - wie sich der Künstler in den autobiografischen Zeichnungen nennt - malt gerne aus der Vogelperspektive - einmal waren es Töfffahrer auf dem Pont de Saint-Cloud. Es ist leicht, sich vorzustellen, wie der junge Hans Schweizer in den 1970er-Jahren mit Russenmütze und einer Gitanes im Mundwinkel über die Strassen von Paris rauschte.
Ebenso prägend sind für Schweizer die vielen Bekanntschaften, die er intensiv pflegt. Bei unserem Besuch empfängt uns ein Graureiher. Reiher sind sehr geduldige Jäger und bleiben oft bewegungslos und geräuschlos auf einem Bein im tieferen Wasser stehen und wartet auf Beute.
An diesem Morgen scheint der Vogel kein Glück zu haben. Über den kleinen Wasserfall hinweg fliegt er über die Hügel davon. An seiner Stelle kommt Hans Schweizer hinter dem Haus hervor spaziert. Die ehemalige Zwirnerei im Strahlholz zwischen Bühler und Gais ist seit über 30 Jahren Lebens- und Arbeitsort für die Künstlersippe - die Partnerin hat ebenfalls ihre Werkstatt im Haus, mehrere seiner Kinder studierten Kunst.
Ein bezaubernder Ort. Doch Hans Schweizer ist kein Freiluftmaler. Er arbeitet fast ausschliesslich im Atelier. «Ich benutze sehr selten künstliches Licht», so der Künstler. Licht und Schatten bieten ihm einen schier unendlichen Fundus an Sujets: Die Natur, das Meer, die Stadt, ihre Gebäude, ihre Menschen und immer wieder Helikopter. Auch bei den Stilmitteln und Techniken unterliegt er keinen Trends - was seine Kunst zeitlos macht. Mit Leerstellen erzeugt er Stimmungen, setzt mit klarer Strichführung Grenzen.
Seine Werke sind immer eine Auseinandersetzung mit der Gegenwart, auch wenn die Wahl der Farben häufig nicht der Realität entspricht: Bei einem Bild der Bahnstation Strahlholz ist die Wiese rot und das Wartehäuschen violett. Seit 1999 lädt er zusammen mit seiner Tochter Harlis Hadjidj Schweizer und seiner Partnerin Birgit Widmer Künstlerinnen und Künstler ins Bahnwartehäuschen ein. Auch während der Pandemie machte die Kunststation keine Pause.