Mobiltelefon Süchtige: So läuft das grosse Geschäft
Ein leerer Handy-Akku ist für viele Menschen der blanke Horror. Ihr Mobiltelefon aufzuladen darf auch gerne mal etwas kosten.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Angst vor dem leeren Handy-Akku ist weit verbreitet.
- Die Smartphone-User jederzeit mit Strom zu versorgen ist ein rentables Geschäft.
Nomophobie kann Nervosität, Stress, Beklemmung, Herzklopfen, Schweissausbrüche, Angstzustände und sogar Panik auslösen. Der Begriff wurde erstmals im Jahr 2008 beschrieben und steht für «No Mobile Phone Phobia». Betroffene haben Angst vor dem Gefühl nicht erreichbar zu sein. Sei es durch den Verlust des Smartphones oder weil sie in einem Funkloch stecken. Der grösste Feind ist aber der leere Akku.
Ihr wollt was Grusliges sehen?
— luca. ✨ (@ThatsLxca) October 31, 2019
Hier ist ein Leerer Akku.#HappyHalloween pic.twitter.com/WEJGYSRsug
Doch in der Schweiz ist die nächste zur Verfügung stehende Steckdose selten weit weg. In den meisten Zügen, an Flughäfen oder in Einkaufszentren können die mobilen Geräte kostenlos aufgeladen werden.
Im Kino Smartphone laden für einen Fünfliber
Im Einkaufszentrum «Westside» stehen den Kunden ebenfalls kostenlose Schliessfächer zum Aufladen ihrer mobilen Geräte zur Verfügung. Umso erstaunlicher, dass nur wenige Meter davon entfernt ein Geschäft damit gemacht wird.
Gegen einen Aufpreis von fünf Franken erhalten Kinogänger im Westside einen sogenannten Premiumsitz. Angepriesen wird er als «bequemer Sofasessel mit Extrabeinraum und individuellen Armlehnen». Im Fokus des Werbefotos: Die integrierte Steckdose für das Mobiltelefon.
Pathé probiere mit den Premium Seats ein neues Konzept, welches den Bedürfnissen der Kunden entgegenkomme, schreibt Pathé auf Anfrage. «Eines dieser Bedürfnisse ist offensichtlich, dass das Smartphone auch während dem Kino-Besuch aufgeladen werden kann.» Das Angebot komme generell bei den Kunden sehr gut an.
Dabei könnten sie ihr Mobiltelefon während des Films kostenlos draussen aufladen.
Dazu gibt es breitere Sitzfläche, doppelte Armlehnen mit mehr Ablagemöglichkeiten.
Berghütten verlangen Geld fürs Handyladen
Nicht nur im Konsumtempel, auch in der freien Natur wollen Schweizer nicht mehr aufs Mobiltelefon verzichten. In der Berghütte Capanna Sasc Furä im Bergell GR. Dort verlangt Hüttenwartin Heidi Altweger einen Franken fürs Laden der Mobiltelefone. Wie sie in der Fernsehsendung «SRF bi de Lüt - Hüttengeschichten» erklärt, sei das wegen des Stromgenerators aber notwendig.
Powerbank Verkäufe
Eine einfache Methode, den befürchteten leeren Akku zu vermeiden, ist eine - aufgeladene - Powerbank mit sich zu führen. Laut Rico Schüpbach des Online-Händlers «Digitec» verkaufe man mehrere zehntausend davon pro Jahr.
Am meisten habe die Nachfrage von 2015 auf 2016 zugenommen, ein Wachstum von 115 Prozent. Seither verzeichne Digitec ein jährliches Wachstum um die fünf Prozent.
Im Sommer 2016 wurde das Spiel «Pokémon Go» veröffentlicht. Das Spiel beanspruchte die Akkus so stark, dass bald jeder geübte Monsterfänger mindestens eine solche Powerbank mitführte.
Start-Up versorgt Mobiltelefon mit Strom
Es gibt jedoch auch unvorhergesehene Situationen, in denen dem Akku der Saft ausgeht. Auf solchen Fällen basiert das Geschäftsmodell des Start-Ups «Chimpy». Das Unternehmen versorgt die Kunden über das Kiosk-Netzwerk von Valora und an den Selecta-Automaten mit Strom. Die Powerbanks können für vier Franken ausgeliehen werden und an jedem Kiosk zurückgebracht werden.
Ausserdem ist das Unternehmen an Openairs präsent, damit die Besucher beim Auftritt ihrer Lieblingsband nicht plötzlich mit leerem Akku dastehen.