Nau.ch-Test: Fake-Versicherungsagentur will Demente übers Ohr hauen!
Auch dieses Jahr versuchen dubiose Call-Center, Menschen zum Abschluss neuer Krankenkassen-Verträge zu überreden. Prinzipien gibt es offenbar keine.
Das Wichtigste in Kürze
- Immer wieder versuchen angebliche Versicherungsagenturen bei Nichtsahnenden ihr Glück.
- Wie dreist sie dabei vorgehen, zeigt ein Test von Nau.ch.
Lästige Anrufe von Fake-Versicherungsagenturen sind auch dieses Jahr hoch im Kurs, wenn nicht sogar auf einem Allzeithoch. Dabei gehen die Anrufenden nicht nur aufdringlich und dreist, sondern auch illegal vor. So ist die sogenannte telefonische Kaltakquise in der Schweiz verboten.
Doch wie weit gehen die vermeintlichen Versicherungsvermittler überhaupt? Haben diese dubiosen Callcenter auch Prinzipien? Nau.ch machte den Test, als es wieder mal beim Reporter klingelte.
«Guten Tag, hier ist Frau Müller vom ISV!», beginnt das Telefonat.
«Entschuldigen Sie, welche Firma?», fragt der Reporter, woraufhin Müller entgegnet: «Das ist die Informationsstelle Schweizer Versicherung.» Eine kurze Recherche zeigt, dass diese Informationsstelle nicht existiert.
Müller rufe wegen eines Telefongesprächs an, das angeblich im März stattfand. «Da ging es um bessere Leistungen für Ihre Krankenkasse. Können Sie sich erinnern?»
Der Nau.ch-Reporter ist vorbereitet. Und stellt ihr eine Falle: «Nein, leider nicht. Ich habe ein schlechtes Erinnerungsvermögen, denn ich leide unter Demenz.»
Callcenter wollen geistig Beeinträchtigte ausnutzen
Dann kommt's! Die Anrufende scheint sich ein Lachen zu verkneifen und erwidert: Das sei überhaupt kein Problem. Sie lügt dreist: «Sie hatten damals gewünscht, dass ich Sie im November nochmals anrufe. Sie wollten einen Termin mit uns!»
Wie bitte? Ein Gespräch im März hat es nie gegeben.
Die vermeintliche Versicherin will dem Angerufenen nun «keine Zeit rauben» und komme darum direkt zur Sache: «Hätten Sie Zeit, zum Beispiel nächsten Dienstag, für ein Beratungsgespräch?»
Jetzt gibt der Nau.ch-Reporter alles: «Mein Arzt hat mir verboten, mit Ihnen Termine zu machen», flunkert er. Erst da läuten bei der Fake-Versicherin die Alarmglocken. «Ihr Arzt?», fragt sie, verabschiedet sich und legt auf.
Seriöse Versicherungs-Firmen beklagen Geschäftsschädigung
Nicht nur das Vorgehen ist illegal. Denn: Die ISV gibt es zwar, steht aber für «Interessensgemeinschaft für sinnvolle Versicherungsgestaltung». Die Institution warnt auf ihrer Website, dass sich derzeit etliche Callcenter unter ihrem Namen strafbar machen.
Joseph Schmölzer von der ISV erklärt: «Solche betrügerischen Anrufe sind für uns sehr mühsam, denn wir haben sowieso schon einen stressigen Alltag.» Hinzu kämen dann genervte Kunden – «das ist sehr geschäftsschädigend!» Dahinter stünden Technologien und Personen, die aus dem Ausland agieren.
Die letzten Jahre sei es vergleichsweise ruhig gewesen, doch dieses Jahr sei «definitiv ein Rekord.» Jeden Tag rufe jemand an, der von einer ISV belästigt worden sei.
«Da können wir nichts anders machen, als informieren.» Schmölzer schüttelt den Kopf: «Anders sieht es bei den Telefon-Providern aus – die hätten Möglichkeiten. Aber für diese haben solche betrügerischen Anrufe wohl keine grosse Priorität.»
Auch fordert Schmölzer, dass der Gesetzgeber «mal hart durchgreift.» Denn diese illegalen Anrufe scheinen zu funktionieren, «sonst würden die das ja auch nicht machen».
