Noch nie so viele Suizid-Notfälle bei Jugendlichen wie bisher 2024
Es sind alarmierende Zahlen über Jugendliche in der Schweiz. Der Notruf 147 wurde 2024 klar mehr beansprucht als 2023.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Kinder- und Jugendnotrufnummer 147 wurde von Januar bis September stark genutzt.
- Es gab 140 Kriseninterventionen, bei denen Polizei und Sanität aufgeboten werden mussten.
- Das sind 20 mehr als zur gleichen Zeit im Vorjahr.
Diese Entwicklung stimmt nachdenklich.
In den ersten drei Quartalen dieses Jahres hat die Kinder- und Jugendnotrufnummer 147 einen neuen Rekord aufgestellt. Mit insgesamt 140 Kriseninterventionen musste das Team häufiger als je zuvor Polizei oder Sanität alarmieren.
Grund: Suizidgefahr.
Dies stellt eine deutliche Zunahme gegenüber dem Vorjahr dar, wie Lulzana Musliu von Pro Juventute gegenüber SRF bestätigt: «Das ist in der Tat eine sehr hohe Zahl. Das hatten wir bis jetzt noch nie.»
Im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren es rund 20 weniger und vor Ausbruch der Pandemie im Jahr 2019 lediglich 57 Fälle.
Bereits 2022 warnte die Dargebotene Hand: Täglich erhalte sie 17 Anrufe, in denen es um Suizidgedanken geht. Im Jahr 2023 waren es bereits 19 Anrufe pro Tag.
Nur in extremsten Fällen, wenn akute Suizidgefahr besteht, fordert der Jugendnotruf 147 externe Hilfe an. Diese Kriterien gelten schon länger. Eine Lockerung der Kriterien kann als Ursache also ausgeschlossen werden.
Ursachen für den Anstieg
Musliu weist darauf hin, dass die Bekanntheit der Notrufnummer alleine nicht ausreicht, um den Anstieg zu erklären. Sie sieht vielmehr eine Kombination aus überlasteter Versorgungskette und zunehmendem Stress sowie psychischen Belastungen als Ursache.
Auch gesellschaftliche Veränderungen spielen laut Chefarzt Ihde eine Rolle.
Er sagt: «Unsere Welt ist sehr mental oder emotional geworden», und betont: Heute benötigen Menschen immer mehr emotionale und mentale Kompetenzen. Dies führe zu Anpassungsphänomenen und einer hohen Stressbelastung.
Ein weiterer Faktor seien die emotional aufgeladenen Berichte über Kriege und Krisen in den sozialen Medien. Auf diese würden Jugendliche besonders stark reagieren, so Ihde.
Versorgungsengpass als Mitverursacher
Ihde sieht auch einen Versorgungsengpass als wesentlichen Mitverursacher für den Anstieg der Kriseninterventionen. Termine in einer Psychiatrie sind manchmal erst in mehreren Monaten oder mehr möglich. «Dann kommt einfach diese Hoffnungslosigkeit.»
In solchen Fällen können suizidale Krisensituation eskalieren. Hier kommen Anlaufstellen ins Spiel, die als Auffangnetz fungieren.
Die Politik befasst sich aktuell mit diesen Angeboten: Der Ständerat prüft diese Woche einen Vorstoss zur Sicherstellung ihrer Finanzierung.
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Brauchst du Hilfe?
Bist du selbst depressiv oder hast du Suizidgedanken? Dann kontaktiere bitte umgehend die Dargebotene Hand (www.143.ch).
Unter der kostenlosen Hotline 143 erhältst du anonym und rund um die Uhr Hilfe. Die Berater können Auswege aus schwierigen Situationen aufzeigen. Auch eine Kontaktaufnahme über einen Einzelchat oder anonyme Beratung via E-Mail ist möglich.
Für Kinder oder Jugendliche steht die Notrufnummer 147 zur Verfügung.
Hilfe für Suizidbetroffene: www.trauernetz.ch