Organspende-Verordnung: Zustimmung und Kritik
Die neue Organspende-Verordnung stösst auf gemischte Reaktionen.
Die Verordnung des Bundesrates zur Umsetzung der sogenannten Widerspruchslösung bei Transplantationen ist bei Parteien und Organisationen grundsätzlich auf Zustimmung gestossen. Kritik hat es in der Vernehmlassung aber wegen zu komplizierter Abläufe beim Widerspruch und einer möglichen Verzögerung wegen der Koppelung an die E-ID gegeben.
Das Schweizer Stimmvolk hatte die sogenannte erweiterte Widerspruchslösung im Jahr 2022 angenommen. Damit gelten neu grundsätzlich alle Personen als Organspenderinnen oder Organspender, die dies nicht zu Lebzeiten abgelehnt haben. Die Angehörigen einer Person können eine Organentnahme immer noch verhindern.
Nach Ansicht der Schweizerische Akademie der medizinischen Wissenschaften (SAMW) sind die Abläufe bei der Abklärung der Spendenbereitschaft in der Verordnung des Bundesrates zu kompliziert und es bestünden verschiedene Unklarheiten.
Ausserdem sei die Pflicht der Spitäler, die bekannten und erreichbaren nächsten Angehörigen anzufragen, zu umfassend formuliert. Das würde zu einem zu grossen Aufwand für Spitäler führen.
Kritik von SVP und SP
Die SVP ihrerseits pocht darauf, dass das Register, in dem sich die Personen eintragen müssen, die ihre Organe nicht spenden möchten, «höchste Standards beim Datenschutz aufweisen» muss. Ausserdem fordert die Partei, dass zur Identifizierung im Register neben der E-ID auch eine Identifizierung durch einen Pass oder eine physische ID möglich sein müsse.
Entscheidend ist nach Ansicht der Partei bei der Umsetzung aber die Pflicht zur Information durch Behörden und Fachleute. Die Bevölkerung müsse aktiv über ihre Möglichkeit zum Widerspruch informiert werden und bei der Registrierung Hilfe erhalten können. Bei einer unklaren Willensäusserung müssten auch die Hinterbliebenen genau informiert werden.
Diese Information der Bevölkerung ist auch der SP ein Anliegen: Sie fordert, dass der Bundesrat in der Verordnung explizit verpflichtet wird, eine Informationskampagne durchzuführen, damit die meisten Menschen dazu motiviert werden, ihren Willen festzuhalten.
Bedrohung für Patientinnen und Patienten?
Der Direktor von Swisstransplant, Franz Immer, befürchtete in einer SRF-Sendung vom Mittwochmorgen, dass die Koppelung der Widerspruchserklärung an die E-ID zu einer Verzögerung bei der Umsetzung des Volkswillens führen könne. Das sei aus Sicht betroffener Patientinnen und Patienten schwierig.
Die SP fordert deshalb in ihrer Antwort zur Vernehmlassung eine Übergangslösung bis zur Einführung einer E-ID. So könnten sich Personen bereits vorher im Organ- und Gewerbetransplantationsregister registrieren.
Noch deutlicher wird in diesem Punkt die FDP: Es sei unverständlich, dass mit der Koppelung des Registers an eine künftige E-ID weitere Hürden vorgesehen seien. Deshalb fordert auch sie, dass alternative Identifikationsmerkmale verwenden werden können, bis die E-ID zur Verfügung stehe.
Die Rolle der Kirche
Auch die Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz (EKS) befürchtet, dass so Probleme bei der Einführung der E-ID auch zu «unmittelbar negativen Auswirkungen» auf die Organverteilung führen könnten.
Inakzeptabel ist für die EKS in der Verordnung, dass vorbereitende Massnahmen zur Organentnahme bereits vor der endgültigen Klärung eines möglichen Widerspruchs begonnen werden können. Das widerspreche dem Nichtschaden- und Wohltun-Prinzip sterbender oder verstorbener Personen.