Parlament bereinigt modernisiertes Erbrecht
Erblasser können künftig über einen grösseren Teil des Nachlasses frei verfügen. Das Parlament hat das fast hundertjährige Erbrecht modernisiert.
Das Wichtigste in Kürze
- Erblasser können künftig über einen grösseren Teil des Nachlasses frei verfügen.
- Das Parlament hat das fast hundertjährige Erbrecht modernisiert.
- Damit ist die Vorlage bereit für die Schlussabstimmung.
Der Nationalrat bereinigte am Mittwoch die letzte Differenz in der Vorlage. Damit ist diese bereit für die Schlussabstimmung.
Das Ziel der Reform ist es, den neuen Beziehungs- und Familienformen besser Rechnung zu tragen. Patchworkfamilien mit Kindern des Partners oder der Partnerin, rechtlich nicht definierte Partnerschaften oder Zweit- und Drittehen sind weit verbreitet. Die Revision des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs soll diese Kluft zwischen Recht und Wirklichkeit verkleinern.
Der Vorlage des Bundesrats setzt bei den Pflichtteilen an. Das ist jener Anteil am Erbe, auf den Kinder, Ehegatten oder Eltern Anspruch haben. Am Konzept wird nicht gerüttelt: Wer ein Vermögen hinterlässt, kann auch in Zukunft nur mit Einschränkungen bestimmen, wer welchen Anteil daran hält.
Lebenspartnerinnen und -partner gehen leer aus
Der Pflichtteil für die Nachkommen wird aber verkleinert. Heute stehen Kindern vom gesetzlichen Erbteil drei Viertel als Pflichtteil zu. Mit einem überlebenden Ehegatten müssen sie diesen Anspruch teilen. Neu wird der Pflichtteil der Kinder auf die Hälfte reduziert, jener für die Eltern wird gestrichen. Der Pflichtteil des Ehepartners oder des eingetragenen Partners wird bei der Hälfte des gesetzlichen Erbanspruchs belassen.
Andere Änderungen drängen sich aus der Praxis der vergangenen Jahrzehnte auf. So soll der überlebende Ehegatte keinen Pflichtteilsanspruch geltend machen können, wenn eine Person während eines Scheidungsverfahrens stirbt. Das Parlament präzisierte, dass in solchen Fällen die Pflichtteile gelten, wie wenn der Erblasser nicht verheiratet wäre.
Der Bundesrat schlug auch vor, eine Regelung für Lebenspartnerinnen und -partner zu erlassen. Diese gehen heute leer aus, wenn der Erblasser keine entsprechenden Anordnungen getroffen hat. Der Bundesrat wollte ihr Existenzminimum mit einem Unterstützungsanspruch sichern, sofern das Paar mindestens fünf Jahre zusammengelebt hat.
Nationalrat wollte Übergangsrecht
Das Parlament strich jedoch diese Regelung. Eine Mehrheit befürchtete, dass die Regelung schwer umzusetzen wäre und zu komplexen Erbstreitigkeiten führen würde. Die unterlegenen Befürworterinnen und Befürworten fanden dagegen, die Verbesserung des Schutzes für unverheiratete Partner würden den gewandelten gesellschaftlichen Realitäten Rechnung tragen.
Zuletzt geklärt wurde die Frage, für welche Testamente und Verträge die neuen Regeln gelten werden. Der Nationalrat wollte zunächst ein Übergangsrecht, der Ständerat nicht. Schliesslich schloss sich die grosse Kammer dem Schwesterrat an.
Das hatte auch damit zu tun, dass das Parlament die in der juristischen Fachliteratur umstrittene Frage, wie mit ehegüterrechtlichen Begünstigungen erbrechtlich umzugehen ist, geklärt hat. Es beschloss, dass ehegüterrechtliche Begünstigungen bei der Berechnung der Pflichtteile des überlebenden Ehegatten oder eingetragenen Partners, der gemeinsamen Kinder und deren Nachkommen nicht zur Pflichtteilsmasse hinzugerechnet werden.