Psychiater warnt vor neuem Phänomen des Selbstmobbings

Chiara Schlenz
Chiara Schlenz

Luzern,

Sich selbst im Internet zu mobben kommt in den USA immer öfter vor. Auch in der Schweiz ist eine solche Entwicklung der Selbstverletzung gut möglich.

Selbstmobbing
Das Selbstmobbing nimmt in den USA stark zu. - Pixabay

Das Wichtigste in Kürze

  • Immer mehr Jugendliche aus den USA mobben sich selbst.
  • Mit anonymisierten Profilen machen sie sich online über sich selbst lustig.
  • Auch in der Schweiz ist eine solche Entwicklung möglich, sagt ein Experte.

Auf der Suche nach Aufmerksamkeit mobben sich in den USA immer mehr Jugendliche selbst online. Dieses Phänomen führte sogar schon zum Suizid. Und die digitale Selbstverletzung steigt in den Staaten rasant an.

Eine Studie, welche im Jahr 2017 von amerikanischen Wissenschaftlern veröffentlicht wurde, zeigt auf, dass sechs Prozent der Befragten im Alter von 12-17 Jahren sich schon anonymisiert selbst gemobbt haben.

Dabei verfassen meist Jugendliche fiese Kommentare über sich selbst. Es sind Sätze wie «Die ist hässlich» oder «Gibt’s dich auch in gross?»

In der Schweiz ist diese neue Form der Selbstverletzung zwar noch grundsätzlich unbekannt, trotzdem warnen Schweizer Experten vor dem Phänomen.

Nur eine Phase oder ist Umdenken angesagt?

Oliver Bilke-Hentsch, Leiter der Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienste der Luzerner Psychiatrie, erklärt sich das regionale Vorkommen in den USA so: «Es gibt viele Phänomene, die früher in den USA auftreten als bei uns. Es kann sogar sein, dass solche Dinge nur dort auftreten und gar nicht bis nach Europa kommen.»

Digital Self-harm
Immer mehr Jugendliche aus den USA mobben sich selbst im Internet. - Keystone

Doch im Zeitalter des World Wide Web werden solche Trends und Vorkommen sehr schnell verbreitet. «Es ist schon so, dass sich solche Phänomene durch das Internet schneller verbreiten. Das kann wie eine Welle wirken. Die Ansteckungsgefahr im Netz ist natürlich um einiges höher», erklärt Bilke-Hentsch. Daher sei es gut möglich, dass dieses Phänomen auch bald in der Schweiz Einzug hält.

«Wenn Jugendliche von einer bestimmten Sache erfahren, wollen sie es oftmals nachahmen oder sogar besser machen als ihre Vorgänger», meint der Arzt.

«Bei solchen neuen Phänomenen muss man sich fragen: Ist das nur eine Phase? Oder muss man sich grundsätzlich neu einstellen?» Denn viele ältere Therapeuten hätten solche moderneren Themen kaum auf dem Schirm.

Selbstverletzung sehr häufig bei Schweizer Jugendlichen

Rund zwei Prozent der Schweizer Jugendlichen verletzen sich regelmässig selbst. Für Bilke-Hentsch «eine beachtliche Zahl». Im Vergleich dazu: Rund 20 % der Menschen mit Depressionen oder einer Persönlichkeitsstörung fügen sich selbst Schaden zu. Deshalb sei eine digitale Weiterentwicklung von Selbstverletzung nicht auszuschliessen.

Digital Self-Harm
Durch das Internet werden neue Phänomene schneller verbreitet. - Pixabay

Bei vielen der Jugendlichen sei die Selbstverletzung oftmals nur eine Phase. «Man sieht das irgendwo und probiert es dann aus. Dann gefällt es einem vielleicht oder auch nicht», ordnet Bilke-Hentsch ein.

«Bei Jugendlichen rührt das oftmals von einer Art des Narzissmus her. Man möchte entweder die beste Person sein oder die schlechteste. Aber einfach sein möchte man nicht.»

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