Psychiatrien schicken kranke Patienten in Zürcher Notschlafstelle
Der «Pfuusbus» ist für Obdachlose und Menschen in Not gedacht. Das Sozialwerk verzeichnet aber immer mehr Übernachtungen von psychisch kranken Personen.

Das Wichtigste in Kürze
- Im «Pfuusbus» wurde ein neuer Rekord an Übernachtungen verzeichnet.
- Immer mehr psychisch kranke Leute werden in die Notschlafstelle geschickt.
- Dies führt zu Überforderung der freiwilligen Betreuerinnen und Betreuern.
Der Zürcher «Pfuusbus», eine Notschlafstelle für Obdachlose und Menschen in Not, hat einen neuen Belegungsrekord erreicht. Mit durchschnittlich 49 Personen pro Nacht übersteigt die Nachfrage das Angebot an Betten deutlich.
Doch hinter diesen Zahlen verbirgt sich eine besorgniserregende Entwicklung: Immer mehr psychisch belastete Personen werden von Gemeinden und Psychiatrien an den «Pfuusbus» verwiesen.
«Lieber nicht noch mal»
Walter von Arburg, Kommunikationsverantwortlicher des Sozialwerks Pfarrer Sieber – der Organisation hinter dem «Pfuusbus» – spricht mit dem «Tagesanzeiger»: «Wir haben diesen Winter eine Saison erlebt, von der wir sagen müssen: lieber nicht noch mal.»
Viele Menschen kämen zum «Pfuusbus» aus Mangel an Alternativen: «Die Leute kommen zu uns, weil sie auf eine Sozialwohnung warten. Sie bleiben dann so lange, bis ein Zimmer oder eine Wohnung frei wird», erklärt Walter von Arburg.
Aber auch psychiatrische Kliniken schicken zunehmend Patienten ohne Betreuung in den «Pfuusbus». «Wir stellen seit ein paar Jahren fest, dass immer mehr psychisch belastete Personen bei uns übernachten. Sie bekommen einfach Medikamente und dürfen wieder gehen. Und kommen dann zu uns», sagt von Arburg.
Die meisten Betreuer sind Freiwillige
Die steigende Anzahl psychisch belasteter Gäste stelle das Personal des «Pfuusbus» vor grosse Herausforderungen.
Die meisten Betreuerinnen und Betreuer sind Freiwillige, keine ausgebildeten Pflegefachkräfte. Sie sind oft mit Situationen konfrontiert, die sie kaum bewältigen können.
Von Arburg weiter: «Es ist schon vorgekommen, dass eine labile Person eine Episode hatte und mit dem Messer auf eine Betreuerin losgegangen ist.»
Trotz der Schwierigkeiten bleibt er realistisch: «Dass die Lage von Obdachlosen künftig noch prekärer wird, ist aber sehr wahrscheinlich.»

Er sieht das Problem nicht nur beim Mangel an günstigem Wohnraum oder bei den psychiatrischen Kliniken. Es liege auch am System, das Menschen wie «heisse Kartoffeln» hin- und herschiebe.
Auf die Frage nach einer Lösung antwortet er ehrlich: «Wir haben keine Lösung für dieses Problem. Wir sind eine Notschlafstelle, kein Auffangbecken für Personen, mit denen man sich nicht beschäftigen will.»