Roboter lauern Single-Senioren auf Facebook auf
Singles aufgepasst: In Facebook-Gruppen tummeln sich viele Bots – wer ihnen antwortet, bekommt es mit kriminellen Banden zu tun.
Das Wichtigste in Kürze
- In Dating-Gruppen auf Facebook tummeln sich Fake-Profile von vermeintlichen Singles.
- Aufpassen sollte man etwa, wenn ein Profil zu gut ist, um wahr zu sein.
- Wer auf die sexy Bots hereinfällt, bekommt es mit organisierten Kriminellen zu tun.
«Ich bin 65 und komme aus dem Kanton Zürich» oder «Bin Beat*, 53, wohnhaft im Kanton Luzern». Ein Selfie und eine kurze Beschreibung – so suchen zwei Singles in einer Facebook-Gruppe nach Liebe.
Die Social-Media-Plattform Facebook ist auch fürs Dating beliebt, gerade unter Personen mittleren und höheren Alters. Doch aufgepasst: Dort tummeln sich zahlreiche Bots und Betrüger, die versuchen, die verletzliche Situation der Singles auszunutzen.
«Wem das Bewusstsein fehlt, dass alles im Internet fake sein kann, der fällt eher darauf herein. Gerade ältere, einsame Menschen sind gefährdet», erklärt Beatrice Kübli von der Schweizerischen Kriminalprävention gegenüber Nau.ch. «Sie sind oft weniger routiniert und sehnen sich stark nach menschlichem Kontakt.»
Risiko für Singles wächst
Auch Datingplattformen nehmen die Liebes-Betrüger ins Visier. Die Anbieter Lovoo und Elitepartner zum Beispiel kennen das Phänomen, wie sie auf Anfrage von Nau.ch bestätigen. Beide versprechen aber, dagegen vorzugehen – etwa mit Löschungen und Präventionsarbeit.
Laut der Kriminalprävention wächst das Risiko für Singles, auf Betrüger im Netz hereinzufallen. Das hat vor allem damit zu tun, dass heute mehr Menschen online einen Partner suchen, wie Kübli sagt.
«Die Kriminellen machen sich das zunutze. Meist stecken organisierte Banden dahinter.» Die Betrüger-Organisationen dahinter seien oft so professionell organisiert, dass man sich das Ganze wie ein Callcenter vorstellen muss.
«Wir gehen davon aus, dass nur für den ersten Kontakt Bots eingesetzt werden. Also zum Beispiel, um in den Kommentaren Singles zum Texten aufzufordern.» Das erlaubt es den Betrügern, ohne grossen Aufwand möglichst viele Kontaktversuche zu streuen.
Antwortet ein Opfer auf die Bot-Nachricht, schreibe dann ein echter «Mitarbeiter» eines solchen «Callcenters» weiter.
«Hallo Hübscher»
Für das geübte Auge sind diese Roboter leicht erkennbar. Oftmals wirken die Nachrichten schlecht übersetzt und die dazu geposteten Fotos massiv bearbeitet.
Ein holpriges Beispiel: «Hallo Hübscher, können wir privat auf dem Massagegerät chatten oder mir eine Freundschaftsanfrage schicken?», schreibt ein Bot einem Facebook-Single in den Kommentaren.
Massagegerät – bitte was? «Betrüger setzen Übersetzungsdienste wie Deepl ein, um ihre Opfer auch in Fremdsprachen zu kontaktieren», erklärt Kübli. Massagerät sollte wohl Messenger heissen – also die Chat-Funktion auf Facebook.
Mit KI und anderen Tools bearbeiten oder erstellen die Betrüger Fotos von angeblichen Singles. «All diese technologischen Möglichkeiten werden genutzt, um Fake-Profile möglichst echt wirken zu lassen. In ein paar Jahren werden bestimmt auch KI-generierte Videos eingesetzt, um die Glaubwürdigkeit weiter zu steigern.»
Lovoo-Sprecher Hannes Wolf warnt: «Personen, die zu perfekt scheinen, um wahr zu sein, sollte grundsätzlich mit Vorsicht begegnet werden.» Oft würden Betrüger Bilder stehlen von Männern in Uniform, im Urlaub oder mit Haustier.
Weibliche Fake-Profile würden oft angeben, sie seien Studentin, Krankenschwester oder Lehrerin. Um vor diesen Profilen zu warnen, hat Lovoo gar eine Webseite mit Profilbildern, die sie als Fakes entlarvt hat.
Betrüger chatten «monatelang» mit Opfern
Doch was passiert, wenn jemand auf einen solchen Bot hereinfällt?
Beatrice Kübli von der Kriminalprävention erklärt: «Die Betrüger chatten teilweise monatelang mit ihren Opfern.»
Oft würden sie wilde Geschichten erzählen und stark an die Hilfsbereitschaft appellieren. «Sie behaupten zum Beispiel, sie seien reiche Generäle oder Ingenieure.» Irgendwann kommt dann aber die Geldforderung – oder ein anderer «lauscher Vorschlag».
«Zum Beispiel bitten sie ihre Opfer, Geld, das sie ihnen schicken, an ein anderes Konto weiterzuleiten», sagt Kübli. Die Singles werden also zur Geldwäsche missbraucht.
Es könne auch vorkommen, dass Opfer gebeten würden, Päckli anzunehmen und weiterzuschicken. «Das müssen nicht gerade Drogen sein, aber zum Beispiel Diebesgut.»
Opfer können sich selbst strafbar machen
Man sollte nie einwilligen, Personen, die man nur online kennt, Geld zu überweisen. Auch weiterleiten sollte man weder Geld noch Waren – damit kann man sich selbst strafbar machen.
Im März zum Beispiel wurde eine 20-jährige Bernerin verurteilt, weil sie sich von einem Betrüger für Geldwäsche missbrauchen liess. Sie musste total 1140 Franken Bussen, Gebühren und Auslagen bezahlen und erhielt eine bedingte Geldstrafe.
Kübli betont: «Spätestens bei Geldforderungen oder anderen dubiosen Vorschlägen müssen die Alarmglocken schrillen!»
* Name von der Redaktion geändert