Rücktrittsforderung an Ignazio Cassis spaltet SVP
Die Junge SVP und ihre Petition, in der Aussenminister Cassis (FDP) zum Rücktritt aufgefordert werden soll, sei «infantil», rügen SVP-Nationalräte.
Das Wichtigste in Kürze
- In einem Interview erklärte Bundesrat Cassis, «Switzerland First» gebe es für ihn nicht.
- Daraufhin lancierte die Junge SVP eine Petition mit einer Rücktrittsforderung für Cassis.
- Die Mutterpartei unterstützt das jugendliche Ansinnen allerdings nicht.
Kürzlich sorgte Aussenminister Ignazio Cassis für rote Köpfe bei der Jungen SVP. «Der Bund darf seine Interessen nicht zum Nachteil anderer Länder verfolgen», so Cassis.
«Switzerland First», so der FDP-Bundesrat, werde man von ihm niemals hören. Schnappatmung bei der JSVP.
Die jungen Volksparteiler sehen Artikel Zwei der Bundesverfassung in akuter Gefahr. Dieser besagt unter anderem: «Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes.»
Junge SVP fordert Rücktritt von Cassis
Das Interesse der Schweiz und ihrer Bürgerinnen und Bürger, schlussfolgert die JSVP, «steht demnach unabdingbar vor jedem anderen Interessen». Und da kommt nun ein Bundesrat und will dem Schweizervolk sein Recht verwehren. Die Lösung: Eine Petition die nichts weniger fordert als den Rücktritt von Bundesrat Ignazio Cassis.
Erst scheint es, als bliesen die Älteren ins gleiche Horn. Der ehemalige JSVP-Präsident und aktueller Nationalrat, Lukas Reimann unterschrieb die Petition. Und forderte auf Twitter dazu auf, es ihm gleich zu tun.
«Die Forderung nach einem Rücktritt mag heftig klingen, aber sie ist zumindest berechtigt.» Das erklärt Reimann gegenüber Nau. Selbst wenn die Forderung nicht erfüllt werde. Sie «soll Bundesrat Cassis letztendlich zu einer Verhaltensänderung bewegen.»
Fordert alsbald die ganze SVP den Rücktritt des Tessiner FDP-Bundesrats? Mitnichten. Vielmehr treibt die Petition einen Keil zwischen Jung und Alt.
Junge SVP fabriziere «politischen Unsinn»
«Rücktrittsforderungen sind aus meiner Sicht politischer Unsinn», sagt SVP-Nationalrat Maximilian Reimann. Als langjähriger Aussenpolitiker sei er «mit Cassis‘ Arbeit zufrieden, mehr als mit einigen seiner Vorgänger».
Rücktrittsforderungen seien «systemwidrig, Saure-Gurken-Zeit hin oder her. Eine Abrechnung hat allenfalls im Zuge der Wiederwahl zu erfolgen».
Dem schliesst sich auch sein Tessiner Partei- und Ratskollege Marco Chiesa an. «Ich werde die Petition nicht unterschreiben», so der Nationalrat. Von der Position des Tessiner Bundesrates sei er nämlich «überhaupt nicht überrascht».
Einen kleinen Seitenhieb mag Chiesa sich dann aber doch nicht verkneifen. «Im Gegensatz zu Cassis, hat unsere Partei keine Angst, die Interessen der Schweiz über alles andere zu stellen.»
Selbst- und vor allem parteikritischer zeigt sich SVP-Mann Claudio Zanetti. Er erinnert an den Bundesgerichtsentscheid zur UBS von Ende Juli. Dort spielte ein SVP-Bundesrichter das Zünglein an der Waage. Mit bestem Wissen und Gewissen – aber nicht im Sinne seiner Partei.
Rücktrittsforderung als «Ablenkungsmanöver»
«Das Bundesgerichtsurteil zeigt: Wir haben in den eigenen Reihen viel zu tun. Die Rücktrittsforderung an Cassis ist ein billiges Ablenkungsmanöver». Die Petition werde er ganz bestimmt nicht unterschreiben. «Die Aktion der JSVP ist infantil - ebenso ihre Unterstützung», erklärt Zanetti knapp.
Auch Nationalrätin Yvette Estermann wird die Petition der Jungen SVP nicht unterschreiben. Obwohl sie der Meinung ist, dass für einen Bundesrat die Schweiz immer an erster Stelle stehen müsse. «Ich fordere seinen Rücktritt nicht. Denn es kommt leider nichts besseres aus den Reihen der FDP nach…»