«Schädling»: Tierrettung rettet Babymaus nicht – Leserin enttäuscht
Eine Babymaus stirbt in den Händen einer Zürcherin. Sie ist enttäuscht von der Tierrettung. Diese erklärt, weshalb nicht jede Maus einfach zu retten ist.
Das Wichtigste in Kürze
- Eine Zürcherin findet eine verwahrloste Maus und kontaktiert die Tierrettung.
- Diese will nicht zur Maus in Not ausrücken.
- Für die Zürcherin unverständlich. Die Tierrettung hingegen hat ihre Gründe.
Nau.ch-Leserin Claudia Walden wurde von ihrer Hündin Josy beim Spaziergang in Dällikon ZH auf eine Babymaus aufmerksam gemacht. Die Maus sei verwahrlost auf einem Schachtdeckel gelegen.
«Ich war völlig überfordert, aber konnte das Tier nicht liegen lassen», so Walden. So habe sie die kleine Maus vorsichtig mit nach Hause genommen. Von dort aus habe sie dann den Notruf der «Stiftung TierRettungsDienst – Leben hat Vortritt» gewählt.
Für die Nau.ch-Leserin folgte die grosse Ernüchterung: «Am Telefon wurde mir gesagt, dass der Tierrettungsdienst nicht kommt, da es sich bei der Maus um einen Schädling handle.» Wäre es eine Spitzmaus gewesen, wäre der Rettungsdienst gekommen.
«Ich verstehe das Prinzip überhaupt nicht und bin sehr enttäuscht», sagt Walden im Gespräch mit Nau.ch. Weil sie sich selbst mit Mäusen nur wenig auskennt, habe sie die Maus zu ihrer Kollegin Michelle Ballabio gebracht.
Mit Katzenaufzuchtmilch habe Ballabio versucht, die Maus aufzupäppeln. «Man darf Mäusen auf keinen Fall Kuhmilch geben», so die Tierliebhaberin. Es könnte tödlich enden, da die Mäuse den Milchzucker nicht abbauen können.
Zudem sei es wichtig, dass man das Tier immer aufrecht hält und nach der Nahrungszufuhr den Bauch massiert. Trotz all den Bemühungen war die Babymaus dann aber zu schwach und verstarb in der Nacht auf Freitag.
Tierrettung erklärt: Mäuse dulden keine Eindringlinge
Die beiden Tierliebhaberinnen finden, dass man solche Rettungsaktionen nie unversucht lassen soll. In diesem Fall habe die Maus nicht überlebt, aber durch die Hilfe habe sie wenigstens eine Chance erhalten.
Martina Monti von der Stiftung Tierrettungsdienst verteidigt das Vorgehen: «Jeder Anruf zu einem Tier in Not wird von uns ernst genommen, unabhängig von der Tierart.» Und sie erklärt, wieso man so gehandelt habe. Denn bei Mäusen mache eine Ausrückung nicht immer Sinn: «Selbst wenn es mit einem grossen Aufwand gelingt, die Kleinen aufzuziehen, können sie nicht ausgewildert werden.»
Denn: Mäuse würden in engen Familienverbänden leben, und Eindringlinge würden nicht geduldet, so die Expertin. Sie empfehle deshalb eine andere Vorgehensweise, als die Jungtiere nach Hause zu nehmen und dort aufzupäppeln: «Wir würden in diesem Fall empfehlen, die Babys am Fundort in eine Art einfaches Ersatznest zu setzen.» So gebe man der Mausfamilie die Möglichkeit, die Jungen wieder abzuholen.
2024 schon 69 Mal wegen Mäusen kontaktiert
Anders sieht das eben bei Spitzmäusen aus: «Ein Spitzmausbaby zu retten und grosszuziehen, macht insofern Sinn, als Spitzmäuse einzelgängerisch leben. Sie müssen sich also keiner Gruppe anschliessen, um zu überleben, wenn sie wieder ausgesetzt werden.»
Monti versteht aber das Unverständnis der beiden Tierretterinnen: «Manchmal finden unsere Argumente nur schwer bis kein Gehör, weil die Anrufenden emotional involviert sind. Umso mehr legen wir in Fällen, in denen wir nicht ausrücken, Wert darauf, per Beratung weiterzuhelfen. Unsere Entscheidung sollte nachvollziehbar sein.»
Bei der Geschichte handelt es sich jedoch nicht um einen Einzelfall: Die Stiftung wurde dieses Jahr schon 69 Mal wegen Mäusen kontaktiert, so Monti. In 19 Fällen handelte es sich um Spitzmäuse.