Schlachthof-Mängel: Betäubungsmittel gar nicht für Tiere geeignet
In den Schweizer Schlachthöfen wird das Tierwohl nicht respektiert. Der Schweizer Tierschutz ist wenig überrascht – und nennt die Probleme.
Das Wichtigste in Kürze
- In Schweizer Schlachthöfen kommt das Tierwohl zu kurz, zeigt ein Bericht des Bundes.
- Der Schweizer Tierschutz zeigt sich nicht überrascht.
- Es fehle beim Wissen und den Ressourcen.
Schweizer Schlachthöfe kommen punkto Tierwohl nicht gut weg. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV hat zehn Prozent der Schlachtbetriebe überprüft. Gravierende Mängel wurden festgestellt.
So etwa bei der Betäubung und dem Entbluten der Tiere. Beim Schweizer Tierschutz STS ist man nicht überrascht. «Das Ergebnis war absehbar», sagt Cesare Sciarra. Er ist Leiter des Kompetenzzentrum Nutztiere beim STS. Die Kontroll-Ergebnisse deckten sich mit den Erfahrungen, die man beim Verein mache.
Etwa aufgrund von eigenen Besuchen in Schlachthöfen oder durch Informationen, die dem Verein zugestellt werden. Sciarra nennt zwei Problemfelder für die eklatanten Mängel beim Tierwohl: Ausstattung und Ausbildung.
Falsche Betäubungsgeräte im Einsatz
«Zum Beispiel werden Betäubungsgeräte verwendet, die gar nicht für die entsprechenden Tiere geeignet sind», sagt Sciarra. Das sind etwa Bolzengeräte, die zu schwach sind. Doch auch von staatlicher Seite her fehlt es.
«Zum einen fehlen den kantonalen Veterinärämtern oft die Ressourcen für die Kontrollen, zum anderen aber manchmal auch das nötige Fachwissen», führt Sciarra aus. Zudem könne sich eine gewisse Amtsblindheit einstellen, da die Arbeit durchaus frustrierend sei.
Sciarra: «Es braucht mehr Sanktionsmöglichkeiten.» Denn selbst wenn Missstände festgestellt werden, blieben Konsequenzen aus. Das BLV konnte zudem in vier der 67 untersuchten Schlachtbetriebe die Unabhängigkeit der amtlichen Tierärzte nicht sicherstellen.
KMU-Schlachter besonders problematisch
Sciarra verortet die grössten Probleme bei kleinen und mittleren Schlachthöfen: «Viele der Grossen arbeiten mehrheitlich gut oder sind auf dem Weg zur Besserung.» Doch die KMU-Schlachter seien selten «auf dem Radar» – etwa weil sie abgelegen sind. So sei der Wille zur Umsetzung des Rechts bei den Schlachthöfen auch nicht ausgeprägt.
Das BLV bestätigt diese Annahme, dass kleine und mittlere Schlachthöfe weniger unter die Lupe genommen werden. Jedoch seien die amtlichen Tierärzte «aus organisatorischen Gründen und wegen der oftmals knappen Ressourcen häufig nicht dauernd anwesend».
Es überrascht wenig, das Sciarra grundsätzlich mit den rechtlichen Grundlagen und der aufgegleisten Revision zufrieden ist. «Bei der Umsetzung happert es», so Sciarra.
Arbeitbedingungen als Ursache?
Das BLV nennt auch Hektik und Zeitdruck als Gründe für das Missachten des Tierwohls. Bei der Gewerkschaft Unia kann man sich zum Zusammenhang Arbeitsbedingungen und Tierwohl nicht äussern.
Aber: «Die Arbeitsbedingungen in Schlachthöfen sind schlecht», sagt Mediensprecherin Leena Schmitter. So werde auf viele temporär Angestellte gesetzt, was wiederum Druck auf die Löhne aufbaue, oder es mangle am Gesundheitsschutz. Die Unia ist kein Sozialpartner.
In drei Jahren wird der nächste Bericht vom BLV erscheinen. Dieser soll zeigen, ob die eingeleiteten Massnahmen Wirkung zeigen. Für die Tiere ist das sicherlich zu hoffen. Denn: Laut BLV wies die Mehrheit der ausgewählten Schlachtbetriebe mit geringer Kapazität und knapp die Hälfte der untersuchten Grossbetriebe im Bereich Tierschutz Defizite auf.