Mühsame Eltern & Druck: Schulpfleger laufen dem Kanton Zürich davon
Bereits 35 Schulpflegende haben 2024 den Dienst quittiert. Das sind schon jetzt fast gleich viele, wie im letzten Jahr. Ist die Belastung im Amt zu gross?
Das Wichtigste in Kürze
- 2024 haben bereits 35 Schulpflegende ihren Dienst quittiert.
- Das sind schon jetzt fast gleich viele wie 2023.
- Grund unter anderem: Hohe Arbeitsbelastung und emotionaler Stress.
Es ist kein Geheimnis, dass Lehrer und Schulleiter oft unter enormem Druck stehen. Doch was ist mit den Mitgliedern der Schulpflege? Sie sind es, die sich dem öffentlichen Druck stellen müssen, wenn Kritik an Schulen laut wird.
Die Schulpflege ist eine vom Volk gewählte Vertretung, gilt als Vorgesetzte der Schulleiterinnen und Schulleiter. Sie ist verantwortlich für die Anstellung, Beurteilung und Aufsicht der Lehrpersonen und der Schulleitung.
Einigen ist der Job offenbar zu viel: In diesem Jahr haben bereits 35 Mitglieder der Schulpflege im Kanton Zürich ihren vorzeitigen Rücktritt eingereicht.
Das sind schon jetzt fast gleich viele Personen, wie im gesamten Jahr 2023 und fast doppelt so viele wie 2022. Das berichtet der «Tages-Anzeiger».
Arzt rät Schulpflege-Mitglied zu Rücktritt
Die genauen Gründe für diese Rücktritte werden nicht immer detailliert erfasst. Sie reichen aber von beruflichen oder familiären Veränderungen bis hin zu gesundheitlichen Problemen.
Ein Faktor stellt dabei die psychische Gesundheit dar. So gab es beispielsweise einen Fall in Dänikon-Hüttikon, wo ein Mitglied aufgrund von psychischer Belastung und ärztlichem Rat zurückgetreten ist. Dies ist wenig überraschend, gab es in dieser Schulgemeinde immer wieder heftige Streits zwischen Schulpflege und Eltern.
Lange Sitzungsabende, hoher Arbeitsaufwand
Claudia Morganti war Präsidentin der Schulpflege in Winkel. Gegenüber dem «Tages-Anzeiger» hat ihr Amt trotz des hohen Arbeitsaufwands als wertvolle Erfahrung beschrieben: «Lange Sitzungsabende, die Vorbereitung auf anspruchsvolle Gespräche und die Durchführung kostenintensiver Projekte haben mir manchmal den Schlaf geraubt», sagt sie.
Trotzdem betont sie, dass die belastenden Phasen meist nur von kurzer Dauer waren. Durch ihre Arbeit habe sie viel zum Erfolg der begleiteten Projekte beitragen können.
Carina Bertenghi, Mitglied der Schulpflege im Unteren Rafzerfeld, bestätigt dem «Tages-Anzeiger» ebenfalls den hohen Arbeitsaufwand. Sie hat während ihrer sechsjährigen Amtszeit bereits drei Wechsel erlebt.
Sie betont: «Der zeitliche Aufwand wird oft unterschätzt». Die Vereinbarkeit von Schulpflege, Beruf und Familie kann insbesondere in intensiven Phasen eine grosse Herausforderung darstellen.
Diskussionen «sehr belastend»
Neben dem zeitlichen Aufwand gibt es auch emotionale Belastungen. Bertenghi erinnert sich an Diskussionen über die Zentralisierung der Primarschule für drei Gemeinden oder die Fusion zweier Sekundarschulen.
Bei denen sei es zu heftigen Auseinandersetzungen gekommen: «Die Diskussionen waren mit der Zeit sehr belastend», sagt sie. Zum Teil würden diese bizarre Züge annehmen, beispielsweise in einem Abstimmungskampf im Jahr 2022.
Dort seien Banner zerstört worden, erinnert sich Bertenghi. Und auch Flyer mit «Stop Fake News»-Klebern seien von einer anonymen Gruppe verschickt worden.
Schulpflegerin «war das Thema leid»
Das habe es schwer gemacht, am Abend abzuschalten. «Ich habe mich zeitweise aus dem Dorfleben zurückgezogen. Sowohl aus Selbstschutz, aber auch, weil ich das Thema leid war», so Bertenghi gegenüber dem «Tages-Anzeiger».
Trotz aller Herausforderungen betonen sowohl Morganti als auch Bertenghi aber auch die positiven Aspekte ihrer Ämter. Sie sprechen von wertvollen Erfahrungen und persönlichem Wachstum. Und trotz aller Schwierigkeiten ist es ihnen gelungen, das Vertrauen der Bevölkerung zurückzugewinnen.
Die Erfahrungen der Schulpflegemitglieder können stark variieren. Je nachdem, wie die Schulpflege in ihrer Gemeinde aufgestellt ist und welche Herausforderungen sie zu bewältigen hat.