Schwarzfahrer sollen in Haft-Container – oder davonkommen
Die Berner Regierung will Ersatzfreiheitsstrafen für Schwarzfahrer in Container-Zellen vollziehen. Einige Politiker finden den Aufwand übertrieben.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Kanton Bern will Container kaufen, um Ersatzfreiheitsstrafen zu vollziehen.
- Dafür will er rund 5,5 Mio. Franken ausgeben und so verhindern, dass Strafen verjähren.
- Politiker schlagen aber vor, den Aufwand zu sparen und die Strafen zu erlassen.
Dem Kanton Bern läuft die Zeit davon: Unzählige Ersatzfreiheitsstrafen für Kleindelikte drohen zu verjähren. Vollzogen werden können sie aber aufgrund von Platzmangel in den Gefängnissen nicht. Verschärft wird das Problem von Software-Fehlern im vergangenen Jahr. Der Regierungsrat hat nun eine Lösung präsentiert: Container-Zellen.
Wie die «Berner Zeitung» berichtet, sollen 55 Container gekauft und zu Zellen umgebaut werden. So könnte Platz für 40 Häftlinge geschaffen werden. Über den Kredit von 5,5 Millionen Franken wird der Grosse Rat im Herbst entscheiden. Weitere Verzögerungen sind dann noch durch Einsprachen gegen das Baugesuch möglich.
Doch die Zeit drängt: Rund 100 Strafen sind verjährt, in zwei Jahren dürften es bereits 11'000 sein! Immerhin bleiben keine Schwerverbrecher unbestraft: Ersatzfreiheitsstrafen kassieren beispielsweise Personen, die wiederholt schwarzfahren und die Bussen nicht bezahlen. Nach zwei Mahnungen werden sie betrieben und für die Ersatzfreiheitsstrafe aufgeboten. Doch nach drei Jahren verjährt sie.
Im letzten Jahr konnten rund 4400 solcher Strafen nicht vollzogen werden. Nach einer Umstellung des Rechnungswesens gab es «gravierende Software-Probleme»: Die Personen konnten nicht gemahnt oder für die Strafe aufgeboten werden. Mit den Containern sollen nun alle Ersatzfreiheitsstrafen vollzogen werden.
Doch der Plan stösst auch auf Widerstand: Casimir von Arx, Grossrat der GLP, kritisiert die Fehlleistung der Regierung. Nun wolle man sehr viel Geld ausgeben, um Personen einzusperren, weil sie geringe Bussgelder nicht bezahlt hätten. «Man muss die Verhältnismässigkeitsfrage stellen.»
Bald gemeinnützige Arbeit anstatt Ersatzfreiheitsstrafe?
Auch SP-Stadtrat Dominic Nellen hinterfragt den «Riesenaufwand», um Kleinstdelikte zu bestrafen. Zudem seien die Betroffenen meist Leute am Rande der Gesellschaft, die kein Geld hätten und häufig mit Suchtproblemen kämpften.
Von Arx schlägt deshalb vor, «auf den Vollzug der kürzesten Strafen zu verzichten». Konkret könnten also Schwarzfahrer ungebüsst davonkommen. Der GLP-Politiker betont aber, dass der Straferlass nur für vergangene Fälle gelte, damit keine Fehlanreize entstünden.
Eine längerfristige Lösung fordert SP-Grossrätin Karin Berger-Sturm: Sie will prüfen lassen, ob Ersatzfreiheitsstrafen nicht in gemeinnützige Arbeit umgewandelt werden könnten. Aktuell ist dies nicht möglich. Von Arx findet diese Idee gut: Es koste zwar etwas, habe aber wenigstens einen Nutzen.