Schweinehalter stehen wegen neuen Tierschutznormen unter Druck
Das Wichtigste in Kürze
- 2008 wurde eine Revision des Tierschutzgesetzes verabschiedet.
- Bis am 1. September 2018 müssen die Vorschriften angepasst werden.
- Das stellt viele Betreiber unter Druck.
Bis Ende dieses Monats müssen sich Schweizer Schweinehalter entschieden haben: Entweder führen sie den Betrieb nach den neuen Tierschutznormen fort oder sie geben auf. Für viele wird in erster Linie der Fleischpreis entscheidend sein.
Im Jahr 2008 verabschiedete das Parlament eine Revision des Tierschutzgesetzes, die unter anderem den Schweine-, Ziegen- und Schafhaltern zehn Jahre Zeit gab, um sich an die neuen, verschärften Vorschriften anzupassen.
Einschneidende Konsequenzen haben die neuen Normen indes vor allem für die Schweinezucht. Die Änderungen für Schafe und Ziegen sind einfacher und vor allem kostengünstiger umzusetzen.
Die Betreiber von Schweineställen müssen insbesondere die Böden in ihren Anlagen überarbeiten. Denn ab dem 1. September sind Vollroste verboten. Die Löcher im Boden für den Abfluss der Exkremente müssen auf zwischen zwei und fünf Prozent der Gesamtfläche reduziert werden. Ausserdem muss die Fläche pro Tier um ein Drittel erhöht werden, von 0,6 Quadratmetern auf 0,9 für ein erwachsenes Mastschwein mit einem Gewicht zwischen 80 und 110 Kilogramm.
Diese Anpassungen kommen die Schweinehalter teuer zu stehen. Für einen einzelnen Landwirt können sich die Investitionen auf mehrere hunderttausend Franken bis zu einer Million Franken belaufen, wie René Eicher, Geschäftsführer der französischsprachigen Sektion des Schweizerischen Verbandes der Schweinehalter und -produzenten (Suisseporcs), der Agentur Keystone-SDA sagt.
Angesichts dieser Kosten hätten es zahlreiche Mäster vorgezogen, ihre alten Anlagen einfach noch bis zum Ende der Frist weiter zu betreiben. Die Auswirkungen der Verordnung könne man erst im Dezember wirklich abschätzen, sagt Eicher.
Betriebe warten ab
Die Situation im Kanton Freiburg verdeutlicht die zögerliche Haltung in der Schweinemast. Im vergangenen Jahr kontrollierte das Veterinäramt im Kanton die 250 Betriebe mit jeweils mehr als 30 Schweinen. 54 Prozent entsprachen damals der neuen Norm.
Elf Prozent der untersuchten Betriebe hatten entschieden, die Produktion spätestens per 1. September einzustellen. Rund ein Drittel musste sich entweder noch anpassen oder aufhören, sagt Kantonstierarzt Michel Schmitt.
Von den rund 6000 Schweinebetrieben in der Schweiz ist rund ein Fünftel direkt von den neuen Vorschriften betroffen, vor allem im Mastbereich, schätzt Adrian Schütz, stellvertretender Direktor von Suisseporcs. Daraus ergibt sich ein erwarteter Mangel von rund 60'000 Plätzen für Mastferkel.
Der Verband alarmierte die Branche frühzeitig: So forderte Suisseporcs die Landwirte auf, ab 2017 7000 Muttersauen zu eliminieren. Dies kommt einem Verzicht von fünf Prozent der Schweineproduktion gleich. Die Züchter hätten diese Zahl bislang um ein Drittel reduziert und bis zum Ende dieses Monats sollten alle Ferkel Abnehmer finden, sagt Schütz.
Gesetz des Wettbewerbs
Doch neben den neuen Vorschriften des Bundes liegt für Schütz und Eicher das Hauptproblem im Schweinefleischmarkt, der für die Produzenten immer weniger attraktiv wird. «Zwischen 2013 und diesem Jahr verloren diese mehr als 90'000 Franken an Jahreseinkommen durch den Rückgang des Fleischpreises um rund einen Franken pro Kilogramm», erklärt der Suisseporc-Vizegeschäftsführer
Die Verbesserung der Produktionsleistung, verbunden mit einem Rückgang des Schweinefleischkonsums in der Schweiz (22 Kilogramm gegenüber 30 Kilogramm pro Einwohner vor 15 Jahren), hat zu einer Überproduktion geführt. Der Schweizer Schweinesektor deckt 97 Prozent des Marktbedarfs ab, während der Bund eher 92 Prozent anstrebt.
«Der Ruf nach einer Verringerung der Produktion bleibt also bestehen», sagt Schütz, «auch wenn dies für unsere Mitglieder, für Viehhändler oder Schlachthöfe keine gute Nachricht ist». Die an den Hersteller gezahlte Preise werden den Markt regulieren.
Keine Fristverlängerung
Eines ist vorerst sicher: Es wird keine Gnadenfrist für die Betreiber geben, die sich nicht angepasst haben, sagt das Bundesamt für Veterinärwesen (BVET). «Die zehn Jahre waren mehr als genug, um die kurz vor 2008 errichteten Anlagen in Ordnung zu bringen oder rentabel zu machen», sagt BVET-Sprecherin Nathalie Rochat.
Auch müssen die Betreiber mit verschärften Kontrollen rechnen. Der Bund hat ein Kontrollprogramm für die Jahre 2017 bis 2019 gestartet, um alle Betriebe zu überprüfen.