Schweizer Armee: Queerer Soldat überrascht über Ausmass von Sexismus
Laut einer Studie kommt es in der Schweizer Armee zu zahlreichen Übergriffen auf Frauen & homosexuelle Menschen. Ein queerer Soldat fordert einen Kulturwandel.
Das Wichtigste in Kürze
- Frauen und homosexuelle Männer erleben in der Armee häufig Diskriminierung und Übergriffe.
- Der Verein von queeren Angehörigen der Schweizer Armee ist vom Ausmass «überrascht».
- Von der Spitze der Armee fordert er einen ganzheitlichen Ansatz für einen Kulturwandel.
Eine vom Bund in Auftrag gegebene Studie kommt zum Schluss: Jede zweite Frau in der Schweizer Armee wurde bereits sexuell belästigt.
Und nicht nur Frauen sind betroffen. Auch zahlreiche homosexuelle Männer erlebten Diskriminierung und Übergriffe. Die Armeeführung sieht deswegen dringenden Handlungsbedarf.
«Die Ergebnisse machen betroffen», sagt Jan Imhof von «Queerofficers» den «CH Media»-Zeitungen dazu. «Queerofficers» ist ein Verein von queeren Armeeangehörigen.
Die Ergebnisse würden sich zwar mit der Wahrnehmung der Vereinsmitglieder decken. Doch: «Das Ausmass überrascht uns hingegen.»
Dunkelziffer in der Schweizer Armee «hoch»
Dass die Armee das Problem erkannt habe und anerkenne, sei ein wichtiger Schritt. Der Umgang mit Diversität müsse gerade in einer uniformen militärischen Gemeinschaft weiterhin gelernt und verbessert werden.
Laut der Studie werde sexualisierte Gewalt an Männern oft tabuisiert. Oft würden Opfer die Vorfälle zudem nicht melden. «Auch unsere Erfahrungen zeigen, dass sich Betroffene unmittelbar nach einem Ereignis kaum melden. Sei es, dass sie die Probleme mit sich selbst ausmachen oder sie kein Aufsehen wollen», erklärt Imhof.
«Der Druck, in der militärischen Gemeinschaft nicht quer zu laufen und nicht aufzufallen, ist hoch und so auch die Dunkelziffer.» Der Verein erhoffe sich von der laufenden Studie weitere Erkenntnisse im Zusammenhang mit queeren Armeeangehörigen. Diese habe der Nationalrat angestossen.
«Weg für einen Kulturwandel ist noch weit»
Armeechef Thomas Süssli hat angekündigt, mehr unternehmen und die Prävention und den Schutz verstärken zu wollen. Dabei kündigte die Armee insgesamt 16 Massnahmen an.
Dazu gehört unter anderem ein Reporting von Disziplinarfällen aufgrund von Diskriminierung und sexualisierter Gewalt. Oder auch eine Arbeitsgruppe für den Opferschutz und die Einführung eines anonymen Meldetools.
«Diskriminierung und sexualisierte Gewalt müssen auf allen Stufen erkannt und benannt werden können», sagt Imhof dazu. Passiere etwas, gelte es, hinzuschauen und zu handeln. «Und in diese Richtung gehen die angekündigten Massnahmen. Der Weg für einen Kulturwandel ist aber noch weit.»
Von der Spitze der Armee fordert er einen ganzheitlichen Ansatz für einen Kulturwandel. «Diesen zu bewirken, liegt nun in der langfristigen Verantwortung der Armeeführung. Und wir schauen gespannt auf die nächste Evaluation im Jahr 2027», so Imhof.
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Brauchst du Hilfe?
Bist du Opfer von sexualisierter Gewalt geworden? Die Opferhilfe hilft dir dabei, die Erfahrung zu bewältigen und informiert dich über deine Rechte und weitere Schritte: www.opferhilfe-schweiz.ch.