Schweizer Einkaufstouristen gehen am Zoll aufeinander los
Schweizer Einkaufstouristen sind am Zoll in Deutschland aneinandergeraten. Später überfuhr einer der beiden den anderen und wurde nun in 2. Instanz verurteilt.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Aargauer hatte einen Deutschen nach einem Streit beim Zoll mit dem Auto überfahren.
- In 1. Instanz wurde er noch freigesprochen, doch jetzt wurde er vom Obergericht verurteil.
Im Herbst 2020 waren zwei Schweizer Einkaufstouristen am deutschen Zollgebäude in Stein/Bad Säckingen aneinandergeraten. Zwei Männer standen in der Schlange, um ihre Ausfuhrscheine abstempeln zu lassen.
Auf dem Boden waren wegen der Pandemie Abstandsmarkierungen angebracht. Der eine Mann (damals 50) bat den hinter ihm Wartenden, die Soziale Distanz einzuhalten.
Plötzlich eskalierte die Situation. Denn der Hintermann, ein damals Mitte 50-jähriger im Aargau wohnhafter Deutscher, bezeichnete den Vordermann – einen Aargauer mit türkischen Wurzeln – als «Kanaken» und schlug ihm mit der Hand ins Gesicht.
Zudem fügte er an: «Wenn es noch etwas zu klären gibt, können wir uns auf dem Parkplatz treffen.» Tatsächlich kam es kurz darauf auf dem Parkplatz eines Imbisses in Stein zum erneuten fatalen Aufeinandertreffen der beiden Männer.
Der Aargauer mit türkischen Wurzeln, der seine Ehefrau und zwei Kinder im Auto hatte, fuhr den Deutschen kurzerhand über den Haufen. Letzterer erleidet so schwere Verletzungen, dass bei ihm später eine 40-Prozent-Behinderung auf Lebenszeit diagnostiziert wird.
Der Aargauer musste sich für den Vorfall im März des letzten Jahres wegen versuchter schwerer Körperverletzung, einfacher Körperverletzung sowie Unterlassen der Nothilfe verantworten. Über den Fall berichtete zuerst die «Aargauer Zeitung».
Das Bezirksgericht Rheinfelden sprach den Mann aber von sämtlicher Schuld und Strafe frei. Es verneinte die Verwertbarkeit der Aufnahmen, mit welche die Strafbehörde auf den Beschuldigten aufmerksam wurde.
Obergericht schickt Beschuldigten ins Gefängnis
Gegen dieses Urteil legte die Staatsanwaltschaft Rheinfelden-Laufenburg Berufung ein und forderte für den Mann eine bedingte Freiheitsstrafe von elf Monaten, eine bedingte Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 160 Franken sowie eine Busse von 4000 Franken.
In Aarau kam es schliesslich vor dem Obergericht zur Berufungsverhandlung und für den Beschuldigten ganz dick! Zur Verwertbarkeit der Kameraaufnahmen als Beweismittel hatte das Obergericht nämlich eine völlig andere Meinung als die Erstinstanz.
Die Forderung der Stawa erachtete das Obergericht vor dem Hintergrund der Anklage als sehr mild. Schliesslich sprach es den Beschuldigten wegen versuchter schwerer Körperverletzung und Unterlassung der Nothilfe schuldig und verurteilte ihn zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten mit einem vollziehbaren Anteil von einem Jahr.
Zudem erhielt er eine bedingte Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 150 Franken und die erstinstanzlichen Verfahrenskosten von 17’376 Franken auferlegt.