Schweizer Handel verarbeitet unethisch gewonnenes Edelmetall
Die Schweiz ist ein wichtiger Standort für die Goldverarbeitung. Allerdings stammt das Edelmetall laut einer Studie nicht immer aus zuverlässigen Quellen.
Das Wichtigste in Kürze
- In der Schweiz wird viel Gold raffiniert und verarbeitet.
- Das Edelmetall stammt aber teilweise aus dubiosen Quellen.
- Dies zeigt eine Studie des Hilfswerks Swissaid.
Die Schweiz ist die wichtigste Drehscheibe im internationalen Goldhandel: Zwei Drittel des Edelmetalls weltweit werden hier raffiniert und verarbeitet. Dabei ist keineswegs sichergestellt, dass das Gold unter anständigen Arbeits- und Umweltbedingungen geschürft wurde.
Ebenfalls nicht auszuschliessen ist, dass Kriminelle, Milizen in Konfliktgebieten oder Gewaltregimes hinter den Goldlieferungen in die Schweiz stecken. Das zeigt das Hilfswerk Swissaid in seiner am Mittwoch veröffentlichten Studie «Die dunkle Seite des Goldes» auf.
Die Schweiz importierte 2019 etwa 149 Tonnen Gold im Wert von 6,8 Milliarden Franken. Dabei führte sie wertmässig am meisten Gold aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) ein.
Verarbeitet wird das Gold aus den VAE beim weltweit grössten Raffineriebetrieb Valcambi in Balerna TI. In geringerem Mass bei Argor-Heraeus in Mendrisio TI. Pamp mit Sitz in Castel San Pietro TI importiert aus den VAE Goldbarren.
Gold wird illegal in die VAE importiert
Der Goldverarbeiter Metalor aus Neuenburg lehnt Lieferungen aus den VAE kategorisch ab. Die Herkunft des Metalls sei nicht rückverfolgbar und damit bestehe Gefahr, illegales Gold einzuführen, lautet die Begründung des Konzerns.
Wie die Swissaid-Studie zeigt, gibt es Indizien, dass Metalor damit recht hat. So stammte im Jahr 2018 die Hälfte des Goldes, das die VAE durchlief, vom afrikanischen Kontinent. Und ein Grossteil davon wurde illegal importiert, bevor es in den Emiraten deklariert wurde.
Die Schweizer Raffinerien behaupten, bei den Einfuhren aus den VAE handle es sich um Recycling-Gold. Laut der Studie stammt ein Teil dieses Goldes aber vermutlich aus afrikanischen Minen und dem Gold-Souk in Dubai.
In dem Souk ist es bei den Händlern gemäss Umfragen einfach, Gold aus Konfliktgebieten in den Kreislauf zu bringen. So kann auch Konfliktgold aus der Demokratischen Republik Kongo eingeschleust worden sein.
Das Gold wird in Raffinerien der VAE verarbeitet, mit denen die Schweizer Unternehmen keine Verbindungen haben. Damit ist es für sie unmöglich, die Herkunft festzustellen und sicherzustellen, dass das Gold unter anständigen Bedingungen gefördert wurde.
Dubiose Verbindungen zu Kaloti
Auch die Firmen, von denen die Tessiner Raffinerien ihr Gold beziehen, sind gemäss Swissaid reichlich dubios. Valcambi erwarb 2018 16,5 Tonnen Gold von der Firma Kaloti und 2019 vier Tonnen. Kaloti wurde von der Aufsicht in Dubai 2015 der geltende Standard abgesprochen.
Der grösste Lieferant von Valcambi in den Emiraten ist Trust One Financial Service (T1FS). 2018 stammten von ihm 19 Tonnen und 2019 deren 44. T1FS hat gemäss der Studie enge persönliche Verflechtungen mit Kaloti. Ein Kaloti-Manager ist auch Direktor der Firmengruppe.
Kaloti unterhält eine Geschäftsstelle im Souk von Dubai. Über diese importiert die Firma viel Gold aus Afrika, wie Swissaid-Recherchen zeigen. Im Sudan ist Kaloti seit Jahren wichtigster Kunde der Zentralbank und der staatlichen Raffinerie von Karthum.
Uno-Experten sind überzeugt, dass die Bank Gold aus Konfliktregionen in Darfur kauft. Bewaffnete sudanesische Milizen verkaufen Gold aus von ihnen kontrollierten Minen an Regierungsinstitutionen. Kaloti wiederum versorgt sich bei diesen Institutionen. Die Milizen sind in schwere Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen verwickelt.
Kontrollen funktionieren gemäss Swissaid nicht
In Surinam hatte Kaloti zusammen mit der Regierung eine Raffinerie, die nie lief. Zu gross sind die Interessenkonflikte zwischen Firma und Regierung. Der Raffinerie werden Geldwäscherei und dubiose Goldzertifikate vorgeworfen.
In den USA ging eine Kaloti-Tochter pleite, weil die Banken ihr den Kredithahn zudrehten. Die Institute wollten keine Transaktionen in Zusammenhang mit illegalem Gold mehr finanzieren. Die Tochter bezog den Angaben zufolge Gold von zweifelhaften Lieferanten in Lateinamerika.
Für Swissaid folgt aus der Studie: Die Kontrollen funktionieren in den Emiraten nicht und am anderen Ende bestehen in der Schweiz Mängel bei der Sorgfaltspflicht. Die Unternehmen verfügten nicht über Mechanismen, um problematisches Gold in der Lieferkette zu vermeiden.
Die Überwachung der Importe und der Raffinerien durch die heimischen Zollbehörden ist gemäss Swissaid unzureichend. Die Zollstatistiken erlaubten es nicht, die Herkunft zurückzuverfolgen.