Nach dem Ukraine-Krieg wird die Schweizer Neutralität nicht mehr dieselbe sein. Davon geht der Basler Historiker Georg Kreis aus.
Schweizer neutralität
Historiker Georg Kreis geht davon aus, dass sich die Schweizer Neutralität verändern wird. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Schweizer Neutralität wird nach dem Ukraine-Krieg nicht mehr dieselbe sein.
  • Das erklären Historiker gegenüber den Sonntagszeitungen.
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Die Schweizer Neutralität wird sich bald wandeln, sagt der emeritierte Basler Historiker Georg Kreis.

Die veränderte internationale Lage bedeute nicht, dass die Schweiz ihre Neutralität preisgeben müsse. Sondern es brauche eine grössere Flexibilität mit dem Begriff, so Kreis im Interview mit der «NZZ am Sonntag».

Es müsse sich etwas ändern, was bleiben solle, wie es ist, zitiert Kreis den Schriftsteller Giuseppe Tomasi di Lampedusa.

Es müsse zwischen dem Neutralitätsrecht und der Neutralitätspolitik unterschieden werden. Die Neutralitätspolitik sei schon immer flexibel gehandhabt worden. Prinzip und und Praxis klafften jedoch oft auseinander. Man könne sie dogmatisch auslegen oder sich näher an die realpolitischen Notwendigkeiten halten.

Als Christoph Blocher Justizminister gewesen sei, habe die Schweiz beim Krieg gegen den Terror eng mit den USA zusammengearbeitet. Aber niemand aus Blochers Lager habe darin ein Problem mit der Neutralität gesehen. «Darin zeigt sich eine historische Konstante: Man singt sonntags das hohe Lied der Neutralität, aber am nächsten Tag wartet wieder die Realität», sagte Kreis.

Mehrere Historiker sehen Wandel bei Neutralität

Die Neutralität der Schweiz sei schon immer dehn- und knetbar gewesen wie ein Kaugummi. Das sagte seinerseits der emeritierte Historiker Hans-Ulrich Jost in einem Interview mit der «SonntagsZeitung». Einerseits sei um die Neutralität ein Mythos entstanden, andererseits bleibe der Begriff abstrakt.

Es gebe unzählige Beispiele für eine doppelbödige Politik im Hinblick auf die Neutralität. Er bleibe skeptisch. Wenn man die Neutralität derart hochstilisiere wie in der Schweiz und sie nachher ständig unterwandere, so sei das unehrlich.

Blocher
Alt Bundesrat Christoph Blocher sieht die Neutralität der Schweiz nach der Beteiligung an Sanktionen gegen Russland in Gefahr. Deshalb will er eine Neutralitäts-Initiative.(Archivbild) - sda - KEYSTONE/ANTHONY ANEX

Jost zitierte in diesem Zusammenhang den berühmten Schweizer Historiker Jean Rudolf von Salis mit den Worten: Die Schweiz habe eine schizophrene Haltung gegenüber der Neutralität. Da stimme er zu, sagte Jost. Man müsse die Aussagen eine Person an ihren Taten messen. Das gelte auch für ein Land.

Waffenlieferungen seien nicht ohne Verletzung der Neutralität möglich. Das müsse Mitte-Präsident Gerhard Pfister ehrlich benennen, wenn er einen solchen Schritt fordere. Diese Situation habe die Eidgenossenschaft im Ersten Weltkrieg schon einmal gehabt. Damals hat die Schweiz Waffen an Frankreich und Grossbritannien geliefert.

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