Schweizer Presse sieht Jura-Frage gelöst
Nach der deutlichen Zustimmung der Stadt Moutier zum Wechsel in den Kanton Jura sehen die Kommentatoren der Schweizer Presse die umstrittene Jura-Frage gelöst.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Stadt Moutier wechselt nach deutlicher Zustimmung zum Kanton Jura.
- Mit dem klaren Resultat sieht auch die Schweizer Presse die Jura-Frage gelöst.
Nach der deutlichen Zustimmung der Stadt Moutier zum Wechsel in den Kanton Jura sehen die Kommentatoren der Schweizer Presse die jahrelang heftig umstrittene Jura-Frage gelöst. Der Kanton Bern sei nun gefordert, die Anliegen der Romands stärker zu berücksichtigen.
Das klare Resultat bei der Abstimmung über die Kantonszugehörigkeit von Moutier sei zu begrüssen, kommentiert das «Bieler Tagblatt». Dem Kanton Bern sollte der Entscheid eine Lehre sein, denn er zeige, das der Kanton die Romands zu wenig ernst nehme.
Keine Beschneidung der Rechte
Das müsse sich ändern, damit nicht noch weitere Gemeinden im Berner Jura den Kanton wechselten. Wenn sich der Kanton Bern auch in Zukunft als zweisprachig bezeichnen woll, müsse er mehr auf die Anliegen der französischsprachigen Menschen eingehen.
Nach Ansicht des «Journal du Jura» bedeutet der Kantonswechsel Moutiers einen Verlust für den Kanton Bern, für den Berner Jura und selbst für die Romands in Biel. Die französischsprachigen Berner müssten sich solidarisch zeigen.
Nur so könne verhindert werden, dass die Amputation der 7400 Einwohner Moutiers Konsequenzen für die Entwicklung habe und ihre von der Verfassung und dem Gesetz garantierten Rechte beschnitten würden.
Der «Quotidien Jurassien» verortet den Schlüssel für den Erfolg der Befürworter eines Kantonswechsels in erster Linie bei den Kampagnen. Die Befürworter eines Übertritts von Moutier zum Kanton Jura hätten nahtlos an ihren Sieg von 2017 angeknüpft.
Mehr Engagement für Frankofone
Ihre Kampagne sei effektiv, dynamisch und enthusiastisch gewesen. Die Gegner des Wechsels hätten ihre Kampagne verglichen mit damals angepasst. Sie hätten diesmal versucht, ihre Botschaft positiv zu gestalten. Doch sie seien mit ihrer Botschaft kaum durchgedrungen.
Die «Berner Zeitung» sieht mit dem Kantonswechsel in Moutier die Chance, dass der Jurakonflikt endlich beendet wird. Für den Berner Jura sei der Auszug seines Hauptortes Moutier ein Verlust. Und für den zweisprachigen Kanton Bern eine Aufforderung, zu seiner geschrumpften frankophonen Minderheit Sorge zu tragen.
Der «Bund» weist darauf hin, dass der Wegfall von Moutier die Minderheit im Berner Jura schwächt und auch die Frankofonen im Kanton. Umso stärker sollte Bern sich um sie bemühen. Nur so verbleibe zumindest ein Teil des Jura im Kanton.
Die Medien der «Arc Info» betonen, dass das Ergebnis keinen Spielraum für eine allfällige Anfechtung lasse. Die Bevölkerung des Kantons Jura, die mit jener des gesamten Jurabogens eng verbunden sei, könne nun nach vorne schauen.
Geht in die Geschichte ein
Für den zweisprachigen Kanton Bern sei das Abstimmungsergebnis bitter, kommentiert die «Neue Zürcher Zeitung» den Entscheid. Doch schon seit einiger Zeit hätten sich die Anzeichen gemehrt, dass der Einfluss des französischsprachigen Teils abnehme. Der Weggang Moutiers könnte diese Entwicklung beschleunigen.
Die Westschweizer Tageszeitungen «Tribune de Genève» und «24 Heures» sind überzeugt, dass der 28. März 2021 in die Geschichtsbücher eingehen wird. Zum achten Mal habe die Stadt Moutier über ihre Kantonszugehörigkeit abgestimmt. Doch zum ersten Mal sei das Ergebnis eindeutig. Das Beispiel zeige, dass die Demokratie lebe.
Das sieht auch die «Aargauer Zeitung» so. Aber die Demokratie sei fragil. Es brauche wenig, und das Vertrauen der Bürger könnte kippen. Der Kantonswechsel gehe friedlich über die Bühne. Das sei auch ein Erfolg für den Bund, der in dem Konflikt vermittelt habe. Ein Konflikt, der einst brennende Bauernhäuser hinterlassen habe.
Der Kommentator im «Le Temps» erinnert ebenfalls daran, dass die Hälfte der Einwohner Moutiers sich noch immer als Bern zugehörig fühle. Die kommunalen Behörden müssten diese Tatsache berücksichtigen. Es gelte, wieder ein gesundes politisches Klima zwischen den ehemaligen Kontrahenten aufzubauen.