Schweizer Professorin ist alarmiert: «Riesiges Problem» an Schulen
Eine renommierte Schweizer Professorin schlägt Alarm und sagt, in der Schweiz gebe es ein «riesiges Problem» an den Schulen.
Das Wichtigste in Kürze
- Eine Professorin schlägt Alarm und spricht von zwei grossen Problemzonen in den Schulen.
- Zum einen geht es um die Qualität der Ausbildung, zum anderen um den «Bildungserfolg».
- Katharina Maag Merki kritisiert zudem die Selektion der Schulkinder nach der 6. Klasse.
Laut einer Expertin gibt es derzeit «zwei grosse Problemzonen» an den Schweizer Schulen. Es «rumpelt», sagt Katharina Maag Merki sogar. Merki ist Professorin für Theorie und Empirie von schulischen Bildungsprozessen an der Universität Zürich. Sie hat mit «SRF» über die «Problemzonen» gesprochen, für die es «klare empirische Befunde» gebe.
Die erste betrifft demnach die Qualität der Ausbildung: «Bei Beendigung der Volksschule kann ein Viertel der jungen Menschen nicht genügend gut lesen, um einfache Texte zu verstehen.»
Auch beim Lösen einfacher Mathematikaufgaben würden viele Mühe bekunden, so Merki. «Das ist ein riesiges Problem, auch im Zusammenhang mit dem Fachkräftemangel – aber natürlich auch aus individuellen Gründen.»
Bei der zweiten Problemzone geht es laut der Expertin um «den Bildungserfolg». Dieser sei systematisch abhängig vom familiären Bildungshintergrund des Kindes: «Am Ende der Volksschule haben wir zwischen dem Kind aus einer Familie mit einem hohen Bildungshintergrund und einem mit geringem Bildungshintergrund fast drei Jahre Kompetenzunterschiede.»
Expertin kritisiert Einteilung in unterschiedliche Leistungsniveaus
Katharina Maag Merki sieht als bedeutende Ursache der oben erwähnten Probleme die Selektion der Schulkinder nach der 6. Klasse. Die Einteilung in unterschiedliche Leistungsniveaus ist laut der Expertin «fehlerhaft.» «Die Idee, dass man mit der Einteilung homogene Klassen bilden kann, funktioniert nicht.»
Man habe immer wieder Kinder, die im untersten Niveau landen würden, obwohl sie leistungsfähiger seien als Kinder im obersten Niveau, so Merki. «Das hat damit zu tun, dass bei der Benotung von diesen Leistungen durch die Lehrpersonen oftmals auch der familiäre Bildungshintergrund mitgedacht wird.»
Es werde nicht nur auf die Leistung geschaut oder auf die Motivation, sondern auch darauf, ob das Kind Eltern hat, die es unterstützen würden. «Das lässt sich empirisch belegen. Ausserdem beansprucht die Selektion die Lehrpersonen stark: das geht auf Kosten der Lernzeit.»
«Nur zirka 6 Prozent wechseln Leistungsniveau – meistens gegen unten»
Das Schweizer Schulsystem gilt als sehr durchlässig – Kindern können zwischen den Niveaus hin und her wechseln können. Die Türen für viele Kinder sollten also eigentlich durch die Selektion nach der 6. Klasse nicht einfach geschlossen werden.
Laut Merki ist das System auf dem Papier sehr durchlässig, doch in der Realität sieht es anders aus. «Nur zirka sechs Prozent der Kinder wechseln das Leistungsniveau – und dann meistens gegen unten.»
Die Expertin vergleicht die Einteilung mit einem «Eingleisen»: Unser Bildungssystem hat zwar Brücken zwischen den verschiedenen Gleisen, aber diese Brücken sind so aufgebaut, dass sie nur schwer zugänglich sind.«
Alles, was man nicht auf dem ersten Bildungsweg mache, sei sehr viel aufwändiger, sagt Merki. «Es braucht Geld und gute Kenntnisse des Bildungssystems.»