«Schweizer» Rösti wird jetzt aus EU-Kartoffeln gemacht
Schwierige Zeiten für die Schweizer Kartoffel-Bauern. Jetzt muss auch für Rösti aus dem Ausland importiert werden.
Das Wichtigste in Kürze
- Schock für Rösti-Fans im Supermarkt.
- Fertig-Rösti wird plötzlich mit ausländischen Kartoffeln hergestellt.
- Schlechtwetter, höhere Nachfrage und weniger Anbaufläche führen zu Schweiz-Engpässen.
- «Ohne Import gäbe es eine Kartoffel-Knappheit», sagt der Bauernverband.
- Chips-Fans können im Gegensatz zu Pommes-Liebhabern aufatmen.
Rösti-Fan Heinz S.* merkt es erst Zuhause: «Für meine Familie wollte ich ein leckeres Zürcher Geschnetzeltes mit Rösti kochen. Es musste zackig gehen – bei den Kartoffeln setzte ich auf ein Fertig-Produkt. Schnell den Beutel aufreissen, rein in die Pfanne ...»
Aber halt!
Heinz bemerkt einen kleinen weissen Aufkleber auf dem Convenience Produkt: «Vorübergehend mit Kartoffeln aus der EU.»
«Wenn ich diesen im Laden gesehen hätte, hätte ich den Klassiker mit Nüdeli zubereitet ...», sagt Heinz, der am liebsten Schweizer Lebensmittel verkocht.
«Schweizer Kartoffeln» aus Holland, Deutschland und Frankreich
«Die Kartoffeln stammen aus Deutschland, den Niederlanden und aus Frankreich», bestätigt Hersteller «Hero». Schlechte Nachrichten für Heinz: Eine Garantie, dass die Rösti bald wieder mit Schweizer Kartoffeln (wie auf der Packung steht) produziert wird, gibt es nicht.
«Eine genaue zeitliche Prognose ist aufgrund der wetterabhängigen Erträge und der rollierenden Planung aktuell nicht möglich. Wichtig ist uns zu betonen, dass dies keine dauerhafte Umstellung bedeutet.»
«Ohne Import gäbe es effektiv eine Kartoffel-Knappheit»
Zuletzt kursierten Bilder von Supermarkt-Härdöpfeln aus Ägypten. Nun reicht es also auch nicht mehr für Fertig-Rösti. Warum gehen uns die Kartoffeln aus?
Einerseits war der Anbau 2024 sehr anspruchsvoll, so der Schweizer Bauernverband. «Die vielen Niederschläge haben Pilzkrankheiten wie die Kraut- und Knollenfäule auf Kartoffeln stark begünstigt.»
Andererseits habe aufgrund der hohen Anbaukosten auch die Kartoffelfläche in der Schweiz leicht abgenommen. Und gleichzeitig essen die Schweizer mehr Kartoffeln.
Die Folge: «Ohne die Importe gäbe es effektiv eine Kartoffel-Knappheit. Vor allem Kartoffeln für die Pommes-Produktion wären diesen Winter knapp.»
2024 ein Super-Jahr für Chips, aber zu wenig Pommes und Rösti
Von einer generellen Kartoffel-Knappheit kann aber nicht gesprochen werden. Das unterstreicht Christian Bucher, Geschäftsführer von «swisspatat» (Branchenorganisation der Schweizer Kartoffeln). Es gibt Unterschiede bei den verschiedenen Marktsegmenten.
«Bei den Speisekartoffeln waren die Erträge im Mittel der letzten Jahre, bei den Frites-Kartoffeln unter dem Durchschnitt», so Bucher. Letztere braucht es auch für die Rösti-Produktion.
Dass Ausland-Kartoffeln in Fertig-Produkten verwendet werden, liege auch daran, dass von gewissen Sorten im Frühling zu wenig Pflanzgut verfügbar war. «Die Lücke zwischen dem kleineren Angebot und der gestiegenen Nachfrage wird mit Importkartoffeln gedeckt.»
Es gibt aber auch positive Kartoffel-News. «Die Chips-Sorten lieferten überdurchschnittliche Erträge. Und die Qualität war über alle Segmente gesehen erfreulich.»
Schlechte Nachrichten für Bio-Fans
Schlecht sieht die Situation bei den Bio-Kartoffeln aus. «Hier sind die Erträge mehr als 50 Prozent tiefer als in den letzten Jahren.»
Helfenstein fügt hinzu: «Im biologischen Anbau gab es wegen des hohen Krankheitsdrucks sehr hohe Ernteausfälle. Nun müssen viele Bio-Kartoffeln importiert werden.»
80 Prozent der Kartoffeln kommen aus der Schweiz
Bucher glaubt aber nicht, dass künftig immer mehr Fertig-Produkte mit ausländischen Kartoffeln hergestellt werden. Das mache auch preislich kaum Sinn. «Importierte Kartoffeln sind in der Beschaffung aufwändiger und risikobehafteter.»
Der Selbstversorgungsgrad der Schweiz liegt bei den Kartoffeln etwa bei 80 Prozent. Schwankungen von plus-minus 20 Prozent seien nichts Ausserordentliches.
Damit Kartoffeln importiert werden dürfen, muss der Bund jeweils ein Kontingent freigeben. Letztes Jahr wurde dieses im August um 15'000 Tonnen erhöht.
Hero: EU-Kartoffeln schmecken gleich wie Schweizer
Hersteller Hero kann Rösti-Fan Heinz zumindest ein wenig beruhigen. «Bei der Rösti-Produktion setzen wir sowohl für importierte als auch für Schweizer Kartoffeln dieselben Sorten ein. Geschmacklich ergibt sich kein Unterschied.»
Und trotz EU-Kartoffeln: Coop und Denner, welche die Hero-Rösti anbieten, spüren keinen Rückgang bei der Nachfrage.
*Name geändert