Viele Kinder und Jugendliche in der Schweiz leiden unter Schulstress – und die Tendenz ist steigend. Was steckt dahinter?
Schule
Schweizer Schülerinnen und Schüler sind gestresster. (Symbolbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Schülerinnen und Schüler in der Schweiz sind immer gestresster.
  • Grund dafür sind gesellschaftliche Entwicklungen und hohe Anforderungen, sagen Experten.
  • Kinder und Jugendliche sollten sich schrittweise an den Leistungsdruck gewöhnen können.
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Der Schulstress steigt in der Schweiz an. Eine Auswertung des Schweizer Teils der internationalen HBSC-Studie (Health Behaviour in School-aged Children) zeigt: 2022 litten hier rund 34 Prozent der Schülerinnen und Schüler unter Schulstress.

Dies entspricht einem Anstieg von acht Prozent im Vergleich zur Erhebung von 2018. Sogar die Zahl der Kinder mit Burnout-Symptomen steigt. Und das Fernbleiben von der Schule wird immer mehr zum Problem, wie die «NZZ» berichtete.

Es ist ein Problem, das auch Beat Schwendimann vom Dachverband der Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH) bekannt ist. Er bestätigt die Zunahme von Stress bei Schulkindern. «Auch wegen der Corona-Pandemie», sagt der Leiter Pädagogik des Dachverbands.

Beat A. Schwendimann
Beat A. Schwendimann ist Leiter Pädagogik beim Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH) - LCH

«Verschiedene Studien und Umfragen weisen darauf hin, dass immer mehr Kinder und Jugendliche unter Stresssymptomen leiden

Social Media und Krisen schuld

Die Gründe dafür seien vielfältig – «und umfassen mehrere gesellschaftliche Entwicklungen», sagt Schwendimann.

Erstens: Soziale Medien würden zu einer ständigen Verfügbarkeit und «einem erhöhten Druck» beitragen, im Netz aktiv zu sein. Das führt auch dazu, dass sich viele mehr mit anderen vergleichen. Und zweitens, so Schwendimann, sei die Berufswelt zunehmend komplexer, schneller und wettbewerbsorientierter.

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Verschiedene Studien belegen, das Schülerinnen und Schüler in der Schweiz unter mehr Stress leiden.
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Diverse gesellschaftliche Entwicklungen haben diese Erscheinung beeinflusst. (Symbolbild)
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Vom schulpsychologischen Dienst des Kantons Solothurn werden die hohen und widersprüchlichen Erwartungen von Erwachsenen betont. (Symbolbild)

Aber auch familiäre, wirtschaftliche und gesellschaftliche Unsicherheiten spielen laut dem Lehrer eine Rolle. Kinder und Jugendliche würden sich Sorgen um Themen wie Altersvorsorge, Sicherheit und Klima machen.

Noémie Borel und Doris Tschofen vom schulpsychologischen Dienst Kanton Solothurn weisen auf die Rolle der Erwachsenen hin. «Jede Generation stellt hohe Anforderungen an die Jugend.»

Kinder müssen «lernen, mit Leistungsdruck umzugehen»

Inwiefern können Kinder und Jugendliche auf den Leistungsdruck vorbereitet werden, der nach ihrer Schulzeit einsetzt?

Schwendimann erklärt: «Die Schule spielt eine wichtige Rolle bei der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Einerseits fördert und unterstützt sie die Kinder.» Dabei sei eine gute Beziehung zur Lehrperson und eine gesundheitsfördernde Schulkultur entscheidend.

«Andererseits ist es wichtig, dass Schülerinnen und Schüler lernen, mit Leistungsdruck umzugehen. Dies sollte jedoch in einem altersgerechten und unterstützenden Umfeld geschehen.»

Lehrer empfehlen nicht zu viel Druck zu früh

Der Dachverband empfiehlt daher, Leistungsdruck weder zu früh noch in übermässigem Masse auszuüben. Schwendimann ergänzt: «In den frühen Schuljahren sollte der Fokus auf spielerischem Lernen und der Entwicklung sozialer Kompetenzen liegen.»

Später könne der Leistungsdruck schrittweise erhöht werden. Damit Schülerinnen und Schüler auf die Anforderungen der höheren Bildung – und der Arbeitswelt – vorbereitet werden.

Denkst du, Schülerinnen und Schüler müssen heutzutage mit mehr Herausforderungen umgehen?

Für Noémie Borel und Doris Tschofen sollten die «Stärken der heutigen Jugendlichen» in der Arbeitswelt reflektiert werden. Denn es gebe Widersprüche. Es werde etwa verlangt, dass Arbeitnehmerinnen und –nehmer souverän mit digitalen Technologien umgehen. «Gleichzeitig wird den Jugendlichen der Überkonsum der digitalen Medien vorgeworfen.»

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