Schweizer Universitätsspitäler fordern Erhöhung der Tarife
Die Schweizer Universitätskliniken setzen sich für höhere Tarifen ein. Sonst könnte die hochspezialisierte Versorgung zum reinen Kostenfaktor zu werden.
Die Schweizer Universitätsspitäler fordern höhere Abgeltungen für ihre Leistungen. Nur so könne man dem Investitionsdruck durch Neubauprojekte, die Digitalisierung und die Umsetzung der Pflegeinitiative standhalten. Ohne höhere Tarife und stabile Aussichten drohe die hochspezialisierte medizinische Versorgung zum reinen Kostenfaktor zu werden.
Man stehe finanziell unter erheblichem Druck, machten Vertreterinnen und Vertreter der Universitätsspitäler sowie der medizinischen Fakultäten am Donnerstag an einer Medienkonferenz in Bern klar. Im vergangenen Jahr hätten alle Universitätsspitäler negative Jahresergebnisse geschrieben. Kumuliert belaufe sich das Defizit auf 210 Millionen Franken.
«2023 war geprägt von einem massiven Schock auf das Spitalsystem, trotz steigender Patientenzahlen», sagte Werner Kübler, Präsident Universitäre Medizin Schweiz und Spitaldirektor des Universitätsspitals Basel (USB). Die Situation akzentuiere sich, weshalb man sich entschieden habe, jetzt aktiv zu werden.
Zugleich sei der Investitionsdruck hoch, hiess es in der Mitteilung zur Medienkonferenz weiter. Dies zum einen, weil es neue, zeitgemässe Bauten brauche. Zum anderen brauche es auch Ressourcen im Zusammenhang mit der Digitalisierung – namentlich dem Aufbau der Dateninfrastruktur. Entsprechende Schritte würden auch von der Politik zwecks Steigerung der Effizienz gefordert.
Derzeit gebe es keinen Plan, die Universitätsspitäler in diesem Bereich speziell zu unterstützen, sagte Antoine Geissbühler, Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Genf und Direktor Lehre und Forschung am Universitätsspital Genf. Ohne Unterstützung werde man die Transformation nicht schaffen.
Die genannten Investitionen seien notwendig, würden aber in den Tarifen nicht abgebildet. Damit laste der Druck auf den Spitälern und letztlich auf dem Personal.
Zahlreiche Spezialisierungen angesiedelt
Eine Herausforderung stelle zudem die zweite Etappe der Umsetzung der Pflegeinitiative dar. Dabei geht es um die Verbesserung der Arbeitsbedingungen für das Pflegepersonal.
Die Universitätsspitäler teilten das Ziel der Stärkung der Pflege, sagten ihre Vertreterinnen und Vertreter. Wichtig sei insbesondere, mehr Menschen im Beruf zu halten und Ausbildungsabbrüche zu vermeiden, sagte Paula Abromeit, Direktorin Pflege der Berner Insel-Gruppe. Die Finanzierbarkeit der geplanten Massnahmen werfe für sie aber derzeit noch «grosse, existenzielle» Fragen auf.
Die Universitätsspitäler hoben zudem ihre Rolle bei der Ausbildung von Ärzten, Ärztinnen und Pflegenden hervor. Zahlreiche Spezialisierungen seien bei den Universitätsspitälern angesiedelt. Das Gros der Ausbildung in der Humanmedizin entfalle auf die Universitätsspitäler, so Kübler.
Man brauche Unterstützung, um ihre Attraktivität als Ausbildungsstätten zu erhalten, hiess es im Communiqué. Dies besonders, weil der Bedarf an medizinischem Personal in den kommenden zwanzig Jahren weiter zunehmen werde.
Verantwortlich für die Defizite des vergangenen Jahres sind den Angaben zufolge teuerungs- und lohnbedingte Mehrkosten. Die Universitätsspitäler hatten im Sommer 2023 die Tarifverträge mit den Versicherern gekündigt und nach eigener Aussage Verbesserungen erzielt. Trotzdem bleibe die Lage angespannt, hoben sie am Donnerstag hervor.
Lage im ambulanten Bereich alarmierend
Konkret fordern die Universitätsspitäler, dass ihre spezifische Kostenstruktur berücksichtigt wird.
Monika Jänicke, CEO des Universitätsspitals Zürich, kritisierte, mit der Revision der Krankenversicherungsverordnung würden Universitätsspitäler gleich behandelt wie alle anderen Kliniken. In Wahrheit müssten sich sie aber zusätzliche Leistungen erbringen, etwa für Menschen mit schwersten Verbrennungen.
Die anderen Spitäler müssten bei Bedarf keine Ebola-Station bereitstellen, hieb Bernhard Pulver, Verwaltungsratspräsident der Insel Gruppe, in dieselbe Kerbe.
Noch alarmierender sei die Lage im ambulanten Bereich, der immer wichtiger werde, hiess es weiter. Dort seien die Tarife nicht kostendeckend und seit zwanzig Jahren nicht angepasst worden. Nur mit einer raschen Erhöhung könne man den Erwartungen der Bevölkerung gerecht werden. Ansonsten drohe eine Aushöhlung der Tarifpartnerschaft.
Die Universitätsspitäler betonten zudem die hohe Bedeutung der fünf Universitätsspitäler für die medizinische Forschung. Damit es attraktiv bleibe, Forschung zu betreiben, müssten die Rahmenbedingungen richtig festgelegt werden.
«Ohne die Forschung, die in unseren Institutionen geleistet wird, gäbe es keinen medizinischen Fortschritt», liess sich Geissbühler im Communiqué zitieren.