Schweizer «vermenschlichen» Tiere
Das Wichtigste in Kürze
- Strafanzeigen gegen Tierhalter nehmen zu.
- Einerseits hat dies mit einer gestiegenen Sensibilität der Bevölkerung zu tun.
- Andererseits hat sich die Gesetzgebung in Sachen Tierschutz verschärft.
Wie die St. Galler Regierung kürzlich feststellte, haben Strafanzeigen gegen mutmassliche Tierquäler im Kanton zugenommen (Nau berichtete). Gleichzeitig zeigt sich eine Tendenz, dass Tierschützer öfters Jäger gefährlich bei der Jagd stören und etwa Hochsitze ansägen (Nau berichtete ebenfalls). Sind die Tierschützer immer aktiver – oder gibt es etwa mehr Tierquäler als früher?
Helen Sandmeier vom Schweizer Tierschutz STS glaubt nicht, dass die Tierhaltung schlechter sei als früher. Aber: «Die Sensibilität der Bevölkerung ist gestiegen», erklärt Sandmeier. «Die Bevölkerung schaut genauer hin und melde verdächtige Fälle schneller.» Das könne daran liegen, dass Menschen engere Bindungen zu Tieren entwickelt haben, so die Tierschützerin.
«Zunehmende Vermenschlichung von Tieren»
Für Erika Wunderlin vom Veterinäramt Aargau hat die Zunahme von Strafanzeigen auch damit zu tun, «dass sich die Gesetzgebung in den letzten Jahren verschärft hat.» Auch in ihrem Kanton ist festzustellen, dass mehr Strafanzeigen im Zusammenhang mit den Tierschutz- und Hundegesetzgebungen eingehen.
Zudem stellt die Kantonstierärztin fest, dass der gesellschaftliche Wandel auch das Verhältnis zwischen Menschen und Tieren verändere. So glaubt sie, dass in der Schweiz eine «zunehmende Vermenschlichung von Tieren» festzustellen sei. Für Wunderlin ist aber klar: «Obgleich
sich in der Tierschutzgesetzgebung immer mehr Regulierungen finden, die dem
Wohlbefinden der Tiere dienen sollen, entfremdet sich der Mensch immer mehr von
der Natur und von den Tieren.» Diese Kluft zwischen Schützen und Nützen von Tieren werde sich in Zukunft noch vergrössern. Die persönliche Betroffenheit von unmenschlicher Tierhaltung würde dann schnell mal auf den Social Media Kanälen verbreitet, so Wunderlin.