Sexologen warnen: Tabu führt zu Sex-Zoff zwischen Teenies und Eltern
Sex kann nicht nur Teenies verunsichern, sondern auch ihre Eltern. Zwei Sexologen zeigen zwei unterschiedliche Ansätze auf, wie man Konflikte vermeidet.
Das Wichtigste in Kürze
- Sexologen wissen: Offene Kommunikation über Sexualität in Familien ist wichtig.
- Eltern sollen Jugendlichen ihre Freiheit lassen, aber auch Verantwortung vermitteln.
- Studien zeigen: Jugendliche sind heute verantwortungsvoller im Umgang mit Sex.
Wenn Teenager das erste Mal Sex haben wollen, prallen Welten aufeinander: Einige Eltern flippen aus, die Kids wollen ihre Freiheit. Die Basler Sexologin Amelie Boehm und der Luzerner Sexologe Martin Bachmann geben bei Nau.ch Tipps, wie man den Familienfrieden wahren kann.
Amelie Boehm nimmt kein Blatt vor den Mund: «Eltern, nehmt eure Verantwortung ernst!» Für sie ist klar, dass das Thema Sexualität in den Familienalltag gehört. Und zwar nicht erst, wenn das Kind plötzlich mit einem Freund oder einer Freundin vor der Tür steht.
Sexologin: «Klärt eure Kinder auf!»
«Die meisten Eltern klären ihre Kinder nicht ordentlich auf», sagt sie. «Sex ist oft ein Tabuthema, und das ist ein Riesenproblem.»
Ihr Tipp? Eltern sollten sich frühzeitig trauen, das Thema zu Hause auf den Tisch zu bringen. «Stellt ein Aufklärungsbuch ins Regal oder aufs WC und sagt: ‹Wenn es dich interessiert, schau rein. Du kannst mich gerne fragen, wenn du mehr wissen willst.›»
Denn wenn Eltern keine Anlaufstelle sind, holen sich die Teenies ihre Infos anderswo. Aus dem Internet oder von Freunden.
Amelie Boehm will, dass Eltern das Thema aktiv in die Hand nehmen und offen darüber sprechen. «Es ist eine verpasste Chance, wenn Eltern sich freuen, dass die Kinder keine Fragen stellen», sagt sie. Nur wer offen redet, kann Themen wie Verhütung oder Konsens richtig besprechen – und vermeidet böse Überraschungen.
Sexologe: «Eltern dürfen ihre Kinder nicht zu fest behüten»
Anders sieht das Sexologe Martin Bachmann. Er vertraut darauf, dass Teenager ihren Weg auch ohne dauernde Einmischung finden.
«Die junge Generation kommt ohne ständige Kontrolle klar. Sie holen sich die Infos online oder bei Freunden», erklärt er. «Wenn Eltern panisch werden, dann behüten sie ihre Kinder zu fest. Das bringt nichts.»
Bachmann findet, dass Eltern manchmal überreagieren. «Cool bleiben, nicht spinnen», lautet seine Devise. Für ihn ist es ganz normal, dass Teenager Sex kennenlernen wollen.
«Sexualität ist ein Menschenrecht, auch für Jugendliche.» Ein Verbot? Unmöglich, findet er.
«Eltern dürfen nicht alles kontrollieren. Und Teenies müssen ihre eigenen Erfahrungen machen.»
Bachmann rät den Eltern, das Drama rauszunehmen und den Kids ein gewisses Mass an Freiheit zu lassen. «Wenns mal lauter werden sollte im Zimmer, sagt was, reagiert durchaus. Aber macht keinen Aufstand. Humor zu behalten, hilft.»
Und eines sei auch klar: «Eltern müssen nicht alles wissen!»
Jugendliche haben verantwortungsvolleren Sex
Was die Situation zusätzlich entspannt: Viele Eltern sind heute dem Thema Sexualität liberaler eingestellt als noch vor ein paar Jahrzehnten. Boehm verweist zudem auf Studien, die zeigen, dass Jugendliche heute verantwortungsvoller mit Sex umgehen. «Eltern müssten sich eigentlich viel weniger Sorgen machen», sagt sie.
Bachmann sieht das ähnlich, sagt aber auch: «Trotzdem haben viele Eltern Angst – vor allem wegen der Digitalisierung und der daraus folgenden Gefahren wie Sexting.» Darunter versteht man das Verschicken von Nacktbildern.
Doch auch hier rät er zu Gelassenheit: «Die meisten Kids haben ein gutes Bauchgefühl, und die Eltern sollten darauf vertrauen.»