Situation nicht als Notfall erkannt
Die Syrerin war zusammen mit ihrem Mann und weiteren Flüchtlingen im Juli 2014 unterwegs von Italien nach Frankreich. Als die Schwangere über Schmerzen und Blutungen klagte, verlangten ihr Mann und eine weitere Angehörige einen Arzt.
Der zuständige Einsatzleiter, der heute
auf der Anklagebank sitzt, liess aber keine medizinische Hilfe kommen. Im Spital brachte sie ihr Kind tot zur Welt. (Nau berichtete)
Selbstverständlich müsse man im Notfall medizinische Hilfe anfordern, betonte der Angeklagte vor Gericht. Aber man müsse auch merken, dass es sich um einen Notfall handle. Der Ehemann der Schwangeren sei zwar an ihn herangetreten, aber es habe nicht gewirkt, als sei der Fall dringend. Auch im Raum, in dem die Schwangere gelegen habe, sei alles unauffällig und ruhig gewesen. Er habe kein Weinen, keine Schmerzenslaute gehört.
Erst als die Schwangere beim Einsteigen in den Zug von Angehörigen habe getragen werden müssen, habe er realisiert, dass es ein Problem gebe, sagte der Mann.
«Ich habe die Lage falsch eingeschätzt», räumte der Angeklagte ein. Das was in Domodossola (I) passiert sei, habe er ganz sicher nicht gewollt.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Schweizer Grenzwächter steht seit Mittwoch vor dem Militärgericht in Bern.
- Ihm wird vorgeworfen, für den Tod eines ungeborenen Kindes einer Flüchtlingsfrau aus Syrien verantwortlich zu sein.
- Der Angeklagte erklärt nun vor Gericht, dass er die Situation der Schwangeren nicht als Notfall erkannt habe.
Zeitdruck angesprochen
Der Grenzwächter sprach auch von einem gewissen Zeitdruck, unter dem man bei solchen Rückschaffungen stehe. Diese müssten innerhalb eines Zeitfensters erfolgen. Wenn die Gruppe über Nacht hätte in Brig bleiben müssen, hätte man Unterkunft und Bewachung organisieren müssen.
Urteil im
Dezember
Am Donnerstagnachmittag stehen vor dem
Militärgericht die Plädoyers an. Das Urteil in dem Fall wird am 7. Dezember
eröffnet.